Prozessauftakt gegen Stuttgarter Antifaschisten

2. September 2011

Anfang August wurde ein Stuttgarter Antifaschist in Stuttgart-Heslach in einer Bäckerei festgenommen. Ihm wird Körperverletzung in zwei Fällen im Rahmen der Aktivitäten gegen einen Rassistenkongress und den Gründungsparteitag des Landesverbandes der rassistischen Partei „Die Freiheit“ vorgeworfen. Zum Prozessauftakt gegen Chris berichtet der Solikreis Stuttgart:


Kundgebung am Prozesstag

Prozessauftakt gegen Chris

Am heutigen Freitag, den 2. September 2011, begann vor dem Stuttgarter Amtsgericht der Prozess gegen den Antifaschisten Chris. Bereits auf 8 Uhr hatte der eigens gegründete Solikreis zu einer Kundgebung aufgerufen, an der über 100 Menschen teilnahmen. Der größte Saal des Stuttgarter Amtsgerichtes reichte nur für knapp 70 ProzessbesucherInnen, weitere 60 warteten daher vor dem Saal, Nach einem zähen Prozesstag wurde das Verfahren vertagt und ein neuer Termin für den 16.9. um 10 Uhr festgelegt. Chris bleibt solange in Untersuchungshaft.

Kundgebung vor dem Amtsgericht

Um 8 Uhr fanden sich bereits über 100 Personen zu einer Solidaritätskundgebung vor dem Amtsgericht ein. Kurz darauf begann die Kundgebung mit Grußbotschaften u.a. der ver.di Jugend Stuttgart, der Antifaschistischen Initiative Leonberg, dem AABS und der DKP. Anschließend hielt der Solikreis Stuttgart eine kurze Rede. Im Anschluss an die Kundgebung zogen die TeilnehmerInnen gemeinsam in das Amtsgericht.

Applaus zum Prozessbeginn

Um neun Uhr betrat Richterin Burkhard nahezu unbeachtet den Gerichtssaal. Wenige Minuten später kündigte sich durch Applaus und Parolen vor dem Gerichtssaal das Kommen von Chris an. Ein Großteil der Prozessbesucher erhob sich als er in den Saal geführt wurde und applaudierte lautstark.

Nachdem sich die ProzessbesucherInnen gesetzt hatten, verlas Staatsanwalt Stefan Biehl die Anklageschrift und die Personalien des Angeklagten wurden festgestellt.

Das Anklagekonstrukt

Dem Antifaschisten wird gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Im Konkreten soll er an der Besetzung der Bühne für die Auftaktkundgebung des sogenannten „Islamkritischen Wochenendes“ beteiligt gewesen sein und im Rahmen der Räumung einen Polizeibeamten „gegen das Schienenbein oder den Oberschenkel“ getreten haben. In dieser Situation soll außerdem die Uhr des entsprechenden Polizisten kaputt gegangen sein (Sachbeschädigung). In einem weiteren Fall soll es in einem Parkhaus in unmittelbarer Nähe zum Ort des Gründungsparteitages des Landesverbandes der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ zu einer Auseinandersetzung zwischen AntirassistInnen und Parteimitgliedern gekommen sein. Laut Staatsanwaltschaft soll Chris hier einen der Rassisten geschlagen haben.

Widersprüchliche Zeugenaussagen

In beiden Fällen stützt sich die Anklage auf jeweils einen Zeugen. Der Polizist Sebastian Martin gibt in seiner Zeugenaussage an, es habe „zweimal den Versuch gegeben ihn von der Bühne zu schubsen“. Anschließend sei es zu minutenlangen Tritten auf ihn und seine Kollegen gekommen, das „sei eindeutig auf dem Video erkennbar“. Nach Sichtung des Videos gibt er zu, dass seine Version nicht zutreffend sein kann und gibt an, dass „es zu den Tritten während der 16 Sekunden gekommen sein muss während die Kamera auf den Bereich vor der Bühne umschwenkte“.

Die Zeugen der Partei „Die Freiheit“ toppen diese diffusen Aussagen noch. So beschrie ein Betroffener den Angreifer direkt im Anschluss an die Auseinandersetzung als „ca. 1,60, schwarze Haare, dunkle Augen, dunkler Teint – Südeuropäer“, vor Gericht gab er nun an, dass er den Angeklagten wiedererkenne, ungeachtet der Tatsache, dass dieser dunkelblonde Haare, blaue Augen und eine verhältnismäßig helle Haut hat.

Der Hauptbelastungszeuge Stadelmaier konnte im Anschluss an die Auseinandersetzung am 4. Juni keine Täterbeschreibung abgeben, ist nun aber felsenfest davon überzeugt, dass es sich um den von ihm auf 130 Lichtbildern identifizierten Angeklagten handeln muss.

Zwischenfazit

Die Vorwürfe gegen Chris haben sich aus Sicht des Stuttgarter Solikreises als haltlos und konstruiert erwiesen. In beiden Anklagepunkten werden die Vorwürfe ausschließlich durch jeweils einen Zeugen gestützt. Sowohl Martin als auch Stadelmaier haben sich hierbei in Widersprüche verstrickt und jeweils nur sehr vage Erinnerungen an den angeblichen Tathergang. Felix Schneider, der im Solikreis aktiv ist, bewertete im Anschluss an die Verhandlung das Anklagekonstrukt: „Es ist ein Skandal, unter welch fadenscheinigen Begründungen AntifaschistInnen in Stuttgart kriminalisiert werden. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hat sich als vollkommen substanzlos erwiesen. Beweise für eine durch Chris angeblich begangene Straftat wurden am heutigen Prozesstag keine vorgelegt.“

Kommt alle zahlreich zum Prozess am Freitag, den 16.09.2011 um 10.00 Uhr im Amtsgericht Stuttgart. Betroffen ist einer, gemeint sind wir alle – setzen wir ein Zeichen dagegen und lassen wir uns nicht einschüchtern.

Solidarität ist unsere Waffe!

Bitte spendet für den Genossen und die Solidaritätsarbeit:

Rote Hilfe e.V. OG Stuttgart

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