Heilbronner Kesselklage abgewiesen – Kläger prüfen Einlegen weiterer Rechtsmittel
5. Dezember 2012
Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart fand heute die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung über den Heilbronner “Polizeikessel” statt. “Polizeikessel” ein Kandidat für das “Unwort des Jahres”, wie in einer Grußansprache bei der kurzen Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtsgebäude vorgeschlagen wurde.
Fünf Klägerinnen und Kläger wollten feststellen lassen, dass die über zehn Stunden dauernde “Ingewahrsamnahme” von 450 Antifaschistinnen und Antifaschisten vor dem Heilbronner Hauptbahnhof unrechtmäßig war. Sie hatten am 1. Mai 2011 an der dortigen DGB-Kundgebung teilnehmen und gegen einen Naziaufmarsch demonstrieren wollen. Das Verwaltungsgericht wies ihre Klagen ab.
Der Arbeitskreis Kesselklage, in dem sich Klagende und Unterstützende zusammengefunden haben, sieht in der vorherrschenden Polizeitaktik ein politisches Grundsatzproblem. Der Tübinger Gewerkschafter Lothar Letsche: „Es ist ein Unding, dass AntifaschistInnen in ihrer Demonstrations- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden, sich am 1. Mai auf dem Weg zur Gewerkschaftskundgebung durchsuchen lassen sollen, nur damit Nazis ungestört marschieren können. Sogar die Landesverfassung sagt, dass dieser Feiertag ‘dem Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Völkerverständigung’ gelte, also nicht für Naziparolen da ist. Ein solches Szenario war nicht nur vor anderthalb Jahren in Heilbronn zu beobachten, sondern auch bei antifaschistischen Protesten am 30. Juli in Stuttgart und am 6. Oktober 2012 in Göppingen.“
Der Arbeitskreis Kesselklage will eine solche Kriminalisierung von AntifaschistInnen nicht weiter hinnehmen. „Ob politisch oder juristisch kein Kessel darf ohne Konsequenzen bleiben“, so ein Sprecher des Arbeitskreises.
Wegen der Vorfälle in Stuttgart am 30. Juli, als etwa 70 AntifaschistInnen eingekesselt wurden, um jeden Protest gegen eine Propagandatour der neonazistischen NPD zu unterbinden, wurde mittlerweile ebenfalls Klage eingereicht.
„Auch wenn das Gericht heute nicht im Sinne der Klägerinnen und Kläger entschieden hat, so geht die politische und juristische Auseinandersetzung weiter. Wir prüfen, weitere Rechtsmittel einzulegen“, erklärte der Sprecher des AK Kesselklage abschließend.