Nachruf für Ilse Werner

14. Mai 2013

Ilse Werner ist am vergangenen Freitag Morgen gestorben. Sie hat sich ihr Leben lang für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) eingesetzt. Sie war die Lebenspartnerin des Mitbegründers der VVN-BdA, Alfred Hausser. Cornelia Kerth erklärt in einem Nachruf für die Bundesvereinigung der VVN-BdA:


Ilse Werner bei der Feier anlässlich Alfred Haussers 100. Geburtstag Foto: Thomas Trueten

Am 10. Mai ist unsere Kameradin Ilse Werner in ihrer Heimatstadt Stuttgart gestorben.

Wir alle kannten sie nicht nur als Lebensgefährtin unseres unvergessenen Alfred Hausser, sondern als aktive Antifaschistin und Streiterin für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit, die seit früher Jugend der VVN, später der VVN-BdA eng verbunden war.

Ilse ist 1927 geboren, erlebte ihre Schulzeit im „Dritten Reich“. Nach dem anschließenden Pflichtjahr trat sie eine kaufmännische Lehre bei der Firma AEG an, die bei der Befreiung endete; gleichzeitig endete ihre Beschäftigung. Ein sozialdemokratischer Freund ihres Vaters, dem sie bei einer Gewerkschaftskundgebung von ihrer Arbeitslosigkeit erzählte, schickte sie mit seiner Empfehlung zum Leiter des damaligen Arbeitsamtes. So kam sie zur „Rückführungsstelle für ehemalige politische Häftlinge“, einem Vorläufer der VVN. In dieser Zeit entstanden lebenslange Freundschaften. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, Hermann Werner kennen. Hermann Werner war einer der jüngsten Verfolgten in Stuttgart.

Als Hermann Werner starb, übernahm Ilse als seine Witwe seine Mitgliedschaft, und nicht nur das: Nachdem sie einige Jahre wegen der Pflege ihres Mannes nicht gearbeitet hatte, ist sie im Januar 1976 wieder in das Landesbüro der VVN-BdA zurückgekehrt. Der damalige Geschäftsführer Fritz Besnecker und Alfred Hausser konnten sie dafür gewinnen. Als Alfreds Sekretärin unterstützte sie seit damals seine Arbeit für die sozialen Interessen der ehemals Verfolgten.

Der Kampf um die Entschädigung wurde auch für Ilse zur Lebensaufgabe. Noch viele Jahre nach dem offiziellen Eintritt in den „Ruhestand“, kam sie mit Alfred täglich für einige Stunden in das Stuttgarter Büro, wo in den 1990er Jahren hunderte von Anfragen ehemaliger Zwangsarbeiter_innen, vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion, bearbeitet werden mussten. Selbst im Urlaub gab es kein Ruhen: Jeden Morgen verbrachte sie mindestens eine Stunde mit Alfred beim Diktat – und sei es auf dem Balkon.

Ihr zweites großes Anliegen war die finanzielle Sicherung der VVN-BdA. Die Kassierung der Mitglieder und das Einwerben von Spenden lagen ihr sehr am Herzen und dabei hatte sie durchaus große Erfolge. Nicht selten spendete Ilse selbst größere Beträge, die zur Realisierung eines Vorhabens fehlten, ohne jedoch ihren Namen zu nennen.

Als Alfred Hausser zu Beginn der 1990er Jahre die Verantwortung für die weitere Existenz und organisatorische Umgestaltung der VVN-BdA übernahm, stand sie ihm zur Seite. Auf vielen Sitzungen begleitete sie ihn und wir lernten Ilse so als kluge und warmherzige Kameradin kennen, deren Beitrag für das gute Arbeitsklima gerade auch bei vielen inhaltlichen Diskussionen gar nicht hoch genug geschätzt werden konnte. Wir sind froh, dass sie noch an unserer Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Alfred teilnehmen konnte und darin eine Anerkennung ihrer gemeinsamen Arbeit sah.

Neben der VVN-BdA war Ilse Werner noch in vielen anderen Organisationen und Vereinen aktiv: bei den Naturfreunden, in der DKP, im Waldheim Sillenbuch (Clara-Zetkin-Haus) und beim VdK. Überall hat sie bleibende Spuren hinterlassen.

Wir werden an Ilse denken, als Kameradin, als mütterliche Freundin, als großartige Frau.

Cornelia Kerth

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Bundesvereinigung

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