VVN-BdA fordert: Keine Ausnahmen bei der Auszahlung der Ghetto-Rente!

26. Mai 2014

Am Donnerstag, den 5. Juni 2014 berät der Deutsche Bundestag die abschließende 2. und 3. Lesung des Gesetzes-Entwurfes der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Die Berliner VVN-BdA e.V. fordert, in dem neuen Gesetzesentwurf auch polnische Ghetto-Arbeiter_innen in die Zahlungen nach dem ZRBG zu berücksichtigen. Wir möchten darauf verweisen, dass unter den polnischen Ghetto-Arbeiter_innen auch viele antifaschistische Widerstandskämpfer_innen vertreten waren, die im jüdischen Widerstand bewaffnet gegen den deutschen Faschismus gekämpft haben.

Beispielhaft sei hier Tomasz Miedziński genannt. Der Vorsitzende der Vereinigung der Jüdischen Kombattanten und Geschädigten im Zweiten Weltkrieg aus Warschau hat drei Ghettos überlebt und sich vor der Vergasung im deutschen Vernichtungslager Belzec nur durch die Flucht aus einem Transport retten können. Tomasz Miedziński kämpfte anschließend als antifaschistischer Partisan gegen die deutschen Besatzer.

Bis heute erhalten er und viele seiner Kampfgefährt_innen, die in deutschen Ghettos gearbeitet haben, keine Ghetto-Rente!

Die Berliner VVN-BdA hat im Mai 2013 zum Tag der Befreiung und des Sieges Herrn Miedziński als Zeitzeugen des bewaffneten jüdischen Widerstands im Zweiten Weltkrieg eingeladen. Wir hatten gehofft, dass die Bundesregierung – 70 Jahre nach der Befreiung – für die Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen eine schnelle und das hohe Alter dieser Verfolgten des Naziregimes berücksichtigende Lösung findet. Stattdessen werden sie in dem vorliegenden Gesetzesentwurf ausgeschlossen. Leider hat auch der Deutsche Bundestag bislang nichts unternommen, diesen Menschen in Polen zu helfen und ihnen die Zahlung einer vollen Rente nach dem ZRBG zu ermöglichen.

Wir fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf, den Gesetzesentwurf der Bundesregierung dahingehend zu verändern, damit auch jüdischen Ghetto-Arbeiter_innen mit Wohnsitz in Polen die Auszahlung einer vollen Ghetto-Rente gesichert wird.

Diese offenkundige Diskriminierung ist unerträglich und unbegründbar! Deshalb unterstützt die Berliner VVN-BdA die Kritik der Bundestagsabgeordneten Azize Tank, Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Fraktion DIE LINKE, an dem Gesetzesentwurf und fordert die Abgeordneten aller Fraktionen auf, eine Korrektur des ZRBG dahingehend vorzunehmen, damit endlich alle – auch die polnischen – Ghetto-Arbeiterinnen und Arbeiter eine volle Ghetto-Rente ausgezahlt bekommen.

Dr. Hans Coppi Vorsitzender,

Markus Tervooren; Geschäftsführer der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. [VVN-BdA]

Cornelia Kerth, Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. [VVN-BdA]

Quelle:

Pressemitteilung der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e. V.

Berlin, den 26.Mai 2014

VVN-BdA Berlin

Erst die Aufklärung, dann die Konsequenzen!

16. Mai 2014

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Heftige Kritik an der Weigerung des Landtags, eine Untersuchungskommission zur rechtsterroristischen Vernetzung und den Verbrechen der NSU einzusetzen

Nach dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat nun auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten heftig den Beschluss des Landtags zur Einrichtung einer Enquete-Kommission in Sachen nationalsozialistischer Untergrund kritisiert.

Für die dringend gebotene „Erarbeitung von Konsequenzen aus der Mordserie der NSU“, wie es im Titel des Landtagsbeschlusses heißt, fehlt es an grundlegenden Voraussetzungen, nämlich der umfassenden Aufklärung dieser Verbrechen, der Verwicklungen von Geheimdiensten und der unübersehbaren Ermittlungspannen der Strafverfolgungsbehörden.

Diese Aufklärung könnte nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit den ihm eigenen Befugnissen wie Akteneinsicht und Zeugenvorladung leisten, nicht aber die jetzt beschlossene Enquetekommission.

Bis heute sind entscheidende Fragen vor allem rund um den Polizistinnen Mord von Heilbronn vollkommen unaufgeklärt.

„Die Ergebnisse der Ermittlungsgruppe Umfeld sind haarsträubend unzureichend“, stellte Janka Kluge, Landessprecherin der VVN-BdA fest.

Die Erklärung, es handele sich um reine Zufallsopfer des Staatshasses der beiden Naziterrorristen Böhnhard und Mundlos, sei ein hilfloser Versuch am vorgegeben Ermittlungsergebnis, beide seien die feststehenden Alleintäter, festzuhalten.

Dieses klammere alle Verflechtungen von Behörden, Geheimdiensten und ihren V-Leuten in die Verbrechen und Strukturen des Rechtsterrorismus einfach aus.

Warum waren mindestens fünf Mitarbeiter von Geheimdiensten am Mordtag in der Nähre des Tatortes?

Warum ähneln die Phantombilder der Zeugen in keiner Weise den mutmasslichen Tätern?

Warum beobachteten Zeugen mehr als zwei Täter?

Warum gingen die Behörden den schon unmittelbar nach der Tat bekannten Hinweisen auf einen rechtsterroristischen Hintergrund jahrelang in keiner Weise nach?

Wie kam es zu den unerwarteten Todesfällen von zweien dieser Hinweisgeber in den letzten Monaten?

Warum wurden Unterlagen vernichtet und andere nicht rechtzeitig weitergereicht?

Das sind nur einige Beispiele für Fragen, deren Antwort erst die Hintergründe der Verbrechen klären und Konsequenzen aus ihnen ermöglichen könnte.

Solange ein Versagen oder gar eine Verwicklung von Landesbehörden in neofaschistische Strukturen und deren Verbrechen ungeklärt im Raum stehen, können die richtigen Konsequenzen nicht gezogen werden.

Die Weigerung, einen Untersuchungsausschuss mit seinen entsprechenden Befugnissen zur Aufklärung der Dinge einzusetzen, wirft ein diffuses Licht auf den Aufklärungswillen der Akteure.

Vor allem die SPD muß sich fragen lassen, warum sie einen Untersuchungsausschuss konsequent verhindert hat.

Die VVN-BdA fordert weiterhin die Einrichtung eines Untersuchungsaussschusses und wird auch die von ihr initiierte Initiative zur Sammlung von Unterschriften für die Einsetzung eines solchen Ausschusses fortführen.

Janka Kluge

Jochen Dürr

(Landessprecherin und Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg)

Via

VVN – Bund der Antifaschisten
Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.
Böblinger Str. 195
70199 Stuttgart
tel 0711 603237 fax 0711 600718

Pressemitteilung zur Kundgebungstour „Nazis entgegentreten“

13. Mai 2014

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Zur Kundgebungstour ist eine Pressemitteilung der VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen erschienen:

Antifaschistische Kundgebungstour im Landkreis Esslingen

Am Samstag, den 10. Mai fanden in Nürtingen, Wendlingen und Altbach Kundgebungen gegen anhaltende faschistische Aktivitäten in der Region statt. Über 70 TeilnehmerInnen verdeutlichten in den drei Orten mit Redebeiträgen, Flugblättern und Stellwänden, dass aktiven Naziszenen nur mit einer ebenso aktiven Gegen- und Aufklärungsarbeit entgegengewirkt werden kann.

Trotz starker Polizeipräsenz und provozierenden Nazis wertet Klara Schweizer, Sprecherin des Antifaschistischen Aktionsbündnisses, den Tag als vollen Erfolg: „Es ist uns gelungen, Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der gesamten Region zusammenzubringen und vielen Interessierten in den Nürtingen, Wendlingen und Altbach zu zeigen, dass Protest gegen rechte Umtriebe notwendig und möglich ist. Wir werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass faschistische Aktivitäten hier nicht zur Normalität werden“.

An die erfolgreichen Aktivitäten vom 10. Mai 2014 wollen die OrganisatorInnen anknüpfen. Die Kundgebungstour soll dabei nur ein erster Schritt sein.“

Siehe auch: Rede der VVN-BdA bei der Kundgebungstour “Nazis entgegentreten” in Nürtingen

Rede der VVN-BdA bei der Kundgebungstour „Nazis entgegentreten“ in Nürtingen

11. Mai 2014

web_kunditourVORNESehr geehrte Anwesende,

seit einem Jahr mißbrauchen die sogenannten „Freien Nationalisten Esslingen“ einen Todesfall, der sich in Folge eines Streites am 16.03.13 im Asylbewerberheim in Kirchheim/Teck ereignete für ihre menschenverachtende Hetze gegen Flüchtlinge.

Doch damit nicht genug. Diese seit Anfang 2013 aktive Gruppe junger Neonazis aus dem Kreis Esslingen bedrohten aktiv Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. Sie schreckten auch vor einem Mordaufruf gegenüber einem Jugendlichen nicht zurück.

Im Internet und in verschiedenen Orten in dieser Woche verteilten Aktivisten aus dieser Gruppe Flugblätter gegen unsere heutige Kundgebungstour und drohten offen damit, gegen die unterstützenden Organisationen vorzugehen. Dabei beziehen sich die Freien Nationalisten Esslingen im Internet positiv auf den „NSU“, indem deren offen terroristischen Morde an Migranten relativiert werden.

Es verwundert deshalb auch nicht wirklich, dass die „Freien Nationalisten Esslingen“ eine gute Zusammenarbeit mit einer anderen Nazitruppe, den „Autonomen Nationalisten Göppingen“ pflegen.

Gegen diese Gruppe läuft ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Am 26. Februar 2014 durchsuchte die Polizei 19 Wohnungen mutmaßlicher Mitglieder der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ in den Landkreisen Göppingen, Esslingen und im Rems-Murr-Kreis.

Insgesamt 18 Beschuldigte im Alter von 22 bis 33 Jahren stehen unter dem Verdacht, eine kriminelle Vereinigung gebildet und zur Durchsetzung ihrer Ziele Straftaten begangen zu haben. Das unterstrich auch das Waffenarsenal an Schreckschusspistolen und weiteren gefährlichen Gegenständen wie Teleskopschlagstöcken, Schlagringen, Wurfsternen und Quarzhandschuhen, die dabei gefunden wurden und nicht nur zur Dekoration dienten: Die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ griffen mehrfach MigrantInnen und AntifaschistInnen an. Einem Stadtrat der Partei „Die Linke“ in Göppingen wurden die Bremsschläuche seines Autos manipuliert. Nur mit viel Glück kam es zu keinem Unglück.

Dabei gibt es durchaus personelle Überschneidungen und gegenseitige Unterstützung dieser militanten rechtsradikalen Gruppen. Und mehr. Einer der Festgenommenen fungierte bis vor einigen Tagen noch als Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“.

Menschen, die zu solchen Taten fähig sind, maßen sich an, nicht nur über andere urteilen zu können, sondern diese auch tätlich anzugreifen, wenn es ihnen beliebt?

Das unterstreicht, warum die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sagt, dass Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist, das nicht durch demokratische Rechte abgesichert ist.

Vorgestern markierte der 8. Mai den 69. Jahrestag des Endes des II. Weltkrieges.

Die Gründer der VVN waren damals direkt von faschistischer Terrorherrschaft Betroffene: Gewerkschafter, Juden, Sozialdemokraten, Sinti und Roma, Kommunisten, Homosexuelle, Christen. Denen von ihnen, denen es gelang, durch Flucht den Nazis zu entkommen und noch mehr denen dies nicht gelang, sind wir alle verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Faschismus nie wieder sein Haupt erhebt. Das bedeutet heute aktiv zu werden, ganz konkret gegen die Nazis in unserem Landkreis.

Hier in Nürtingen machten die „Freien Nationalisten Esslingen“ unter anderem mit einer Aktion gegen die Ausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ im Nürtinger Rathaus von sich reden, als sie dort rechtsradikale Flugblätter und Aufkleber gegen Texte der Ausstellung austauschten. Auch darin relativieren sie die Straftaten mit rechtem Hintergrund. Dass die Ausstellung unter anderem wegen deren Aktivitäten – unter anderem Angriffe auf ein alternatives Wohnprojekt in Nürtingen – notwendig wurde, verschwiegen sie. Dabei ist eine Auseinandersetzung mit rechtsradikalen Vorgängen gerade in Nürtingen unbedingt notwendig:

Nicht erst seit den Landtagswahlen 1968, als 12,65 % der Nürtinger Wähler für die NPD votiert hatten und dadurch „in die Weltpresse einging“, wie die Nürtinger Zeitung damals schrieb. Die Partei zeigte ihre Verbundenheit und hielt 1981 ihren Parteitag hier gegenüber unserer Kundgebung, in der damaligen Stadthalle ab. Das lohnte sich für die Partei so sehr, dass der Nürtinger „Verein zur Pflege nationaler Politik“ im Jahr 2010 die Summe von 150.225,57 Euro an die NPD überwies.

Da verwundert es kaum noch, dass es in dieser Stadt möglich war, daß trotz seiner Funktionen in der extremen Rechten der in Nürtingen wohnende Altnazi Walter Staffa nicht nur lange Zeit eine Praxis für Allgemeinmedizin unterhielt, sondern auch 37 Jahre lang im Gemeinderat von Nürtingen und in Esslingen 30 Jahre lang im Kreistag saß. Dafür bekam er 1984 auch noch das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

Wir als VVN-BdA begrüßen es deshalb außerordentlich, dass mit den heutigen Kundgebungen ein klares Signal gegen rechts gesetzt und gezeigt wird, dass diese menschenverachtende Hetze weder im Kreis Esslingen noch anderswo erwünscht ist und auch nicht geduldet wird.

Offener Brief an Steinmeier: „Im Andenken an den 8. Mai: Verantwortung für eine friedliche Lösung in der Ukraine übernehmen“

8. Mai 2014

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Cornelia Kerth und Heinrich Fink schrieben für die VVN – BdA folgenden offenen Brief an Außenminister Steinmeier:

„Im Andenken an den 8. Mai: Verantwortung für eine friedliche Lösung in der Ukraine übernehmen.

Die Situation in der Ukraine ist alarmierend und gibt jeden Tag mehr Grund zur Sorge.

Die Beteiligung der langjährigen NPD-Partnerorganisation „Swoboda“ und des mit ihr verbandelten militant-faschistischen „Rechten Sektors“ an der amtierenden Regierung in Kiew und deren Anerkennung durch EU und Bundesregierung haben das Land an den Rand des Abgrunds gebracht.

Durch die Regierungsbeteiligung sind Kräfte mit Macht ausgestattet und staatlich legitimiert, die sich offen und aktiv auf die faschistischen Kollaborateure des Vernichtungskriegs beziehen. Das mobilisiert bei allen Gruppen, die historisch den Faschisten zum Opfer fielen, insbesondere bei der jüdischen Minderheit, bei Antifaschist_innen und russisch-sprachigen Bürger_innen der Ukraine berechtigte Ängste. Diese Ängste ernst zu nehmen, ist eine notwendige Schlussfolgerung aus der deutschen und europäischen Geschichte.

Dass nicht nur von Seiten der Regierung in Kiew, sondern auch aus Russland, an nationalistische Haltungen und Gefühle appelliert und entsprechende Kräfte von beiden Seiten unterstützt werden, ist unübersehbar.

In einer solchen Situation wäre es Aufgabe der „Friedenspreisträgerin“ EU und der Bundesregierung für De-Eskalierung zu sorgen. Stattdessen wird über buchstäblich alle Kanäle das anti-russische Ressentiment gepflegt und verstärkt. Während die offene Gewalt der Demonstrant_innen auf dem Maidan nicht nur als legitimer Volksaufstand unterstützt wurde, sondern auch die Regierung davor gewarnt wurde, mit Gewalt zu antworten, bleibt der Einsatz von Militär in der Ost-Ukraine ohne öffentliche Reaktion.

Der Tod von 42 Menschen im brennenden Gewerkschaftshaus von Odessa hat die Situation dramatisch zugespitzt. Auch wenn sich nach wie vor nicht feststellen lässt, wie es dazu gekommen ist, so schreibt doch der „Vorwärts“ zutreffend:

„Die Bilder sind schrecklich genug: Flammen schlagen aus dem Haus. Menschen versuchen sich aus den Fenstern zu retten. Männer auf dem Platz davor, in Tarnanzügen, jubeln, schießen auf die Fassade, schleudern Brandsätze auf die pro-russischen Aktivisten, die aus dem Inferno fliehen wollen. Wieder einmal greifen die Sicherheitskräfte nicht ein.“

Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie ihren — offenbar in beide Richtungen vorhandenen — Einfluss nutzt, um die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Damit würde sie tatsächlich einer „besonderen deutschen Verantwortung“ gerecht werden.“

Quelle

Internationale Solidarität mit den Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Ukraine!

1. Mai 2014

In den vergangenen Monaten mussten wir mit großer Sorge die angespannten Ereignisse in der Ukraine und Kiew verfolgen. Nicht nur die maßgeblich von Faschisten angeführten Maidan-Proteste, sondern auch die Art und Weise des Regimewechsels sowie die allgemeine Verschärfung und Zuspitzung des politischen Klimas in der Ukraine mit dem Säbelrasseln gegen Russland hierzulande und die Debatten über den Status der Krim sind mehr als besorgniserregend.

Wir sind erschrocken über die Schnelligkeit, Aggressivität und Ignoranz, mit der hier in der Bundesrepublik von bürgerlichen Medien und Institutionen verschiedenster Couleur Faschisten verharmlost, ausgeblendet und teilweise sogar hofiert werden. Insbesondere bei letzterem ist nicht nur die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU und ihre Marionette in Gestalt von Vitali Klitschko an vorderster Front, sondern auch die Bundesregierung, zum Beispiel in Person des Außenministers Steinmeier.

Die EU und insbesondere die BRD, aber auch die USA und die NATO bedienen sich zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessen rund um das Ringen mit Russland um die Vorherrschaft in der Ukraine nicht nur an den pro-westlichen Oligarchenkreisen und den Neoliberalen. Offensichtlich auch ohne Scheu arbeitet man mit bewaffneten faschistischen Straßenbanden – insbesondere dem so genannten „Rechten Sektor“ – und ihres parlamentarischen Pendants, der offen faschistischen „Swoboda“-Partei („Freiheit“) zusammen. Auch aus benachbarten Ländern und aus Skandinavien reisten vereinzelt militante Nazi-Schläger nach Kiew. Die offene Koalition mit Faschisten wollen die westlichen Akteure nur ungern zugeben, und es kommt hinzu, dass dies ein Großteil bundesdeutscher Medien der Regierung und den Parteien nahezu kommentarlos durchgehen lässt. Weitestgehend unkritisch ist auch die Berichterstattung über die nationalistische Welle und die Deutungshoheit von bewaffneten faschistischen Banden auf dem Maidan-Platz und in manch anderen Teilen der Ukraine neben der aktiven Beteiligung von Faschisten an der Übergangsregierung.

Die „Swoboda“-Partei unternimmt in letzter Zeit starke Anstrengungen, um sich „gemäßigt“ zu geben und sich nach außen als Bewahrer von „Ruhe und Ordnung“ darzustellen. Es ist ihnen und dem „Rechten Sektor“ durch eine starke Straßenpräsenz, bestehende Strukturen, finanzielle Mittel und demagogischer Propaganda gelungen, weite Teile der sogenannten „Maidan-Proteste“ zu dominieren und dadurch massiv in ihrer Anzahl und Stärke zu wachsen. Ohne Zweifel ist allerdings auch, dass die gesellschaftliche Situation in der Ukraine genügend Anlässe und Gründe hergibt, massenhaft gegen die Regierung und die Herrschenden auf die Straße zu gehen. Umso schlimmer ist dann, wenn es Faschisten gelingt, die Unzufriedenheit der Menschen zu kanalisieren und diese mangels fortschrittlichen Alternativen in reaktionäre Bahnen zu lenken. Das ist brandgefährlich.

Die letzten Wochen und Monate führen uns vieles vor Augen: Zum einen sehen wir erneut, was es bedeuten kann, wenn es keine schlagkräftige und überregionale antifaschistische Bewegung und Organisation gibt. Zum anderen müssen wir festhalten, dass antifaschistische Strukturen in Deutschland, die fähig sein sollten, internationale Solidarität nicht nur eine Parole, sondern auch praktisch werden zu lassen, noch mehr aufgebaut werden müssen. Die Ereignisse in der Ukraine sind politisch höchst brisant, denn die Rolle der Faschisten für die herrschende Klasse als willkommene Helfer in Krisensituationen zur „Drecksarbeit“ wird ein weiteres Mal mehr als sichtbar. Längst gibt es Droh- und Mordaufrufe der Faschisten gegen nationale Minderheiten, Jüdinnen und Juden, Linke, AnarchistInnen und KommunistInnen. Längst sind einige dieser Aufrufe schon umgesetzt worden.

Die Rote Hilfe hat bereits praktische Schritte eingeleitet, um die AntifaschistInnen in der Ukraine materiell und politisch zu unterstützen. Das ist eine der bedeutendsten von vielen richtigen Antworten, die wir als AntifaschistInnen auf die neuen Fragen der internationalen Situation und den Verhältnissen in der Ukraine finden müssen.

Der Schwerpunkt aller linken und antifaschistischen Kräfte in der Ukraine ist es nun, den Nationalismus, aber vor allem die offen auftretenden Faschisten mit ihren Schläger- und Mörderbanden, die jetzt zum Teil sogar nahtlos in Polizei- und Militärkreise eingegliedert wurden, zurückzudrängen und zu bekämpfen. Es ist genauso wichtig, den aktuellen Aufwind der Faschisten und Rechten mit ihrer widersprüchlichen und reaktionären Ideologie zu stoppen und ihnen gezielte Rückschläge zu versetzen. Ein unmittelbares Ziel der AntifaschistInnen und GenossInnen wird nun darin bestehen, dass die Faschisten bei den kommenden Wahlen Ende Mai mit möglichst wenig Unterstützung durch die Bevölkerung ins Parlament in Kiew einziehen. Nicht zuletzt steht am 8. Mai der Tag der Befreiung vom Faschismus an, ein Tag also, an dem auch den vielen Ukrainerinnen und Ukrainer gedacht wird, die im Kampf gegen den deutschen Faschismus ihr Leben ließen. Es bleibt abzuwarten, wie dieser Tag nach dem Umsturz in der Ukraine begangen wird.

Wir verurteilen alle Worte und Taten, die den antifaschistischen Kampf in der Ukraine durch Spaltung und Sektierertum oder sogar Querfronten sabotieren und damit den nationalistischen, reaktionären und faschistischen Kräften in die Hände spielen.

Gleichzeitig sehen wir es aber auch als unsere Verantwortung und Pflicht an, die Faschisten in der BRD und diejenigen, die sich in Krisensituationen oder zur Durchsetzung eigener Interessen gerne an ihnen bedienen und mit ihnen zusammenarbeiten, aktiv zu bekämpfen und hier in der Bevölkerung über diese schmutzige und letzten Endes auch kriegstreiberische Politik aufzuklären.

Es ist unsere Aufgabe, die Öffentlichkeit hier in der BRD über das rechte und faschistische Treiben in der Ukraine zu informieren und geeignete Formen internationaler Solidarität gegen den Faschismus zu praktizieren. Der Charakter faschistischer Ideologie und Bewegung und ihre Rolle im Kapitalismus als potentielle Stütze der Herrschenden und im schlimmsten Fall sogar als Herrschaftsoption wurde in der Ukraine ein weiteres Mal in Ansätzen geschichtliche Realität. Und auch die Signalwirkung der Entwicklungen in der Ukraine für die europäische Rechte sind nicht zu unterschätzen. Lasst uns nun Schlimmeres verhindern und die dafür notwendigen Strukturen aufbauen!

Wir senden unsere Solidarität an alle Antifaschistinnen und Antifaschisten! Gemeinsam in Gedanken sind wir im Kampf vereint mit dem Ziel einer solidarischen Gesellschaft ohne Faschismus und seinem Nährboden, dem kapitalistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystem.

Gegen jeden Nationalismus und Faschismus!

Hinter dem Faschismus steht das Kapital!

Hoch die internationale Solidarität!

April 2014

Spendenkonto Rote Hilfe e.V.

IBAN: DE25260500010056036239

BIC: NOLADE21GOE

Stichwort: Antifa Ukraine

Diese Erklärung wird herausgegeben von:

Antifaschistische Linke Bühl-Achern
Antifaschistische Aktion Heilbronn
Antifaschistische Aktion Lörrach
Antifaschistische Jugend Ludwigshafen/Mannheim
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Rastatt/Baden-Baden
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Aktion (O) Villingen-Schwenningen

Diese Erklärung wird unterstützt von:

Antifaschistische Aktion Speyer/Schifferstadt
Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
Antifa Bad Bergzabern
Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR)
Antifaschistische Linke Fürth (ALF)
Göppingen gegen Rechts
Initative Rems-Murr Nazifrei!
LinksjugendSolid.Ortenau
LinksjugendSolid Baden-Württemberg LSPR
Revolutionäre Aktion Stuttgart
Rote Hilfe e.V. OG Stuttgart
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Baden-Württemberg
VVN-BdA Baden-Württemberg
VVN-BdA Kreisvereinigung Ortenau

Alex Zollmann – VVN-BdA Kreisvereinigung Ortenau
Andrea Schiele – VVN-BdA Kreisvereinigung Ulm
Bernhard Mainz – VVN-BdA Kreisvereinigung Heilbronn
Esther Broß – Mitglied im Kreisvorstand der VVN-BdA Ortenau
Janka Kluge – Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg
Jochen Dürr – Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg
Liliane Leible – 1. Vorsitzende DIE LINKE. Kehl
Paul Bauer – Sprecher und Mitglied im Kreisvorstand VVN-BdA Kreisvereinigung Ortenau
Raymond Hof – 2. Vorsitzender DIE LINKE. Kehl

Kontakt/contact: ukraine-antifa-soli [aet] riseup.net

Rechten Umtrieben im Kreis Esslingen entgegentreten!

24. April 2014

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web_kunditourVORNEDie Freien Nationalisten Esslingen sind eine seit Anfang 2013 aktive Gruppe aus jungen Faschisten. Die aus dem Kreis Esslingen stammenden Neonazis fallen immer wieder durch Hetzereien und Drohungen gegen Asylsuchende und Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, auf. So versuchten sie in Wendlingen und Nürtingen ganz gezielt die allgemeine Stimmung via Flugblätter und Internet gegen dort lebende Asylsuchende aufzuheizen. Sie verunglimpften die Menschen als „kriminelle Ausländer“ und versuchten mit der Warnung vor einer angeblichen Asylflut die Anwohner in Panik zu versetzen.

Um Nachwuchs zu akquirieren haben die FNES an Schulen sogenannte Schulhof-CDs verteilt und gezielt Jugendliche angesprochen. Doch es bleibt nicht nur beim Flyer und CDs verteilen: mehrfach bedrohten sie einen alternativen Jugendlichen, riefen öffentlich zu dessen Mord auf und schmissen Fensterscheiben in einem alternativen Wohnprojekt ein. Auf bundesweiten Naziaufmärschen, wie z.B. in Magdeburg im Januar 2014 oder auch auf den homophoben und rechtsgesinnten Demos gegen den Bildungsplan in Stuttgart, treten sie im Schulterschluss mit der NPD und anderen rechten Netzwerken auf, um ihr menschenverachtendes Weltbild zu verbreiten. Die Freien Nationalisten Esslingen sind sehr gut mit den Autonomen Nationalisten Göppingen vernetzt: beide Gruppen führen immer wieder gemeinsame Aktionen durch. Gegen die Autonomen Nationalisten Göppingen läuft gerade ein Verfahren wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung. Weitere Vorwürfe sind Waffenbesitz, gefährliche Körperverletzung und Volksverhetzung. Durch personelle Überschneidungen kam es im Zuge der Ermittlungen auch zu Hausdurchsuchungen bei den Freien Nationalisten Esslingen.

Von öffentlicher Seite wird ihnen bislang kaum Widerstand entgegengesetzt und ihr Gefahrenpotential heruntergespielt. Dass der Staat gerne auf dem rechten Auge blind ist, hat nicht zuletzt der Skandal um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) gezeigt. Deshalb gilt es sich entschlossen und solidarisch solchen Umtrieben entgegenzustellen. Mit Kundgebungen in Nürtingen, Wendlingen und Altbach wollen wir ihnen zeigen, dass ihre menschenverachtende Hetze nicht erwünscht ist und auch nicht geduldet wird, nicht im Kreis Esslingen und auch sonst nirgendwo!

Samstag, 10. Mai 2014
Nürtingen: Kreuzkirchpark, 10:00 Uhr
Wendlingen: St. Leu-la-Foret Platz, 12:00 Uhr
Altbach:  Marktplatz, 14:00 Uhr

Unterstützer:
Antifa Esslingen
Antifa Göppingen
Antifaschistische Jugend Rems-Murr
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region
Die Linke Esslingen
Die Linke Kirchheim
Die Linke Nürtingen
linksjugend [solid] Esslingen
Offenes antifaschistisches Aktionsbündnis Kirchheim (OABK)
RASH Stuttgart
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen VVN-BdA, Kreisvereinigung Esslingen

Offener Brief: Das Land braucht einen NSU-Untersuchungsausschuss!

23. April 2014

OffenerBriefanKreschmannNSUFreiburger Bündnis Gegen Rassismus und Diskriminierung
c/o DGB Stadtverband Freiburg

Hebelstr. 10

79104 Freiburg

Herrn
Ministerpräsident W. Kretschmann
Staatsministerium Baden-Württemberg
Richard-Wagner-Str. 15
Freiburg, 18.4.2014
70184 Stuttgart

Offener Brief
Das Land braucht einen NSU-Untersuchungsausschuss!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann!

Wir begrüßen ausdrücklich die geplante Einrichtung der Enquetekommission „NSU-Verbrechen – Rechtsextremismus in Baden-Württemberg“ im Stuttgarter Landtag und bedanken uns für Ihre Antwort vom 31. März auf unseren Offenen Brief vom 15. Februar 2014. Dennoch halten wir an unserer Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss fest, da es unserer Meinung nach immer noch zu viele ungeklärte Zusammenhänge und „Ermittlungspannen“ gibt, deren lückenlose Aufklärung nicht durch eine Enquetekommission erfolgen kann.

Im Spiegel vom 14.04.14 wird über den Tod eines ehemaligen Mitarbeiters des Verfassungsschutzes berichtet, der als Zeuge zu einem der NSU-Morde vernommen wurde. Er ist nach dem mysteriösen „Suizid“ in Stuttgart der zweite tote Zeuge in diesem Zusammenhang. Der Mann mit dem Namen Thomas Richter (Deckname „Corelli“) hatte laut Spiegel in den 90er Jahren in verschiedenen rechtsextremen Organisationen maßgeblich mitgewirkt, hatte mit dem V- Mann Achim S. aus Baden-Württemberg als Gründungsmitglied des deutschen Ku Klux Klan in engem Kontakt gestanden und nachgewiesene Verbindungen zum NSU. Er kannte laut „Haller Tagblatt“ vom 17.04.14 sowohl die mutmaßlichen Mörder der Polizistin Michèle Kiesewetter als auch deren Gruppenführer Timo H., der Mitglied des Ku Klux Klan war. Muss man da nicht an weitere Verbindung nach Baden-Württemberg denken?

Bis jetzt wurde die Rolle der baden-württembergischen Ku Klux Klan-Polizisten bei dem Mord der Polizistin Michèle Kiesewetter nicht zweifelsfrei geklärt. In der Berliner Zeitung vom 31.03.14 wurde über einen Bericht der Ermittlungsgruppe (EG) „Trio“ des Bundeskriminalamtes (BKA) informiert, der im Auftrag der Bundesanwaltschaft erstellt wurde. Danach hätte der Leiter der EG „Trio“ betont, dass die Motivlage für den Fall des Heilbronner  Polizistenmordes nach wie vor eine der noch offenen zentralen Fragen sei.

Auch die Frage nach möglichen Mittätern oder Mitwissern sei noch nicht abschließend geklärt.

Zum Tod des Florian H., der am 16.09.13 in der Nähe von Stuttgart in seinem Auto verbrannte, hätte die Bundesanwaltschaft und die EG „Trio“ gern eigene Ermittlungen angestellt, so die Berliner Zeitung, um zu prüfen, ob Florian H. einem Racheakt aus der Szene zum Opfer gefallen sein könnte. Allerdings sei die Akte geschlossen worden, nachdem das LKA Baden- Württemberg den Feuertod zum Suizid erklärt hatte.

Wir nehmen diese Nachrichten zum Anlass, nochmals nachdrückl ich die Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses durch den baden-württembergischen Landtag zu fordern. Die Einrichtung eines solchen Ausschusses hat auch die Mehrzahl der Anwesenden bei einer Podiumsdiskussion („Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter: Brauchen wir in Baden-Württemberg einen NSU- Untersuchungsausschuss?“) am 04.04.14 durch die Unterzeichnung einer entsprechenden Resolution unterstrichen. Zu der Veranstaltung mit zwei Journalisten, einem im Ausland geborenen Mitbürger, einem Vertreter der Nebenkläger beim NSU Prozess in München und einem Vertreter des Vereins „Kritische Polizisten“ hatte unser Bündnis und die Studierendenvertretung der Uni Freiburg eingeladen. Bei dieser Veranstaltung wurde eine Vielzahl von Fakten genannt, die Zweifel an der optimistischen Darstellung der bisherigen Aufklärung im Bericht der Ermittlungsgruppe Umfeld des LKA Baden Württemberg aufkommen lassen. Gerne sind wir bereit, die erwähnten Fakten zu detaillieren.

Eine rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse ist aus unserer Sicht unabdingbare Voraussetzung für die notwendige Erarbeitung von Schlussfolgerungen aus den Vorkommnissen durch eine Enquetekommission.

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, auf den starken Vertrauenseinbruch in die Ernsthaftigkeit der Aufklärung neonazistischer Verbrechen hinzuweisen, wie er auch bei der Diskussion hier in Freiburg zum Ausdruck kam. Insbesondere gilt das für unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir wissen, dass durch die Mordserie, das Bekanntwerden eklatanter „Ermittlungspannen“ und die Verstrickungen staatlicher Institutionen mit den Geschehnissen existenzielle Ängste bei ihnen ausgelöst wurden und immer noch werden. Es ist bezeichnend, dass nur wenige dies öffentlich zu sagen wagen.

Viele wohldurchdachte Initiativen zum Leben miteinander und zur Integration – wie sie auch die Landesregierung vornimmt – müssen ins Leere laufen, wenn Vertrauen und Zuversicht von Angst verdrängt werden. Und nicht zuletzt – wie will die Bundesrepublik Deutschland den erschreckenden rechtsextremen Entwicklungen in Europa ernsthaft entgegentreten, wenn die Probleme im eigenen Land nicht mit allen rechtsstaatlichen Mitteln schonungslos aufgeklärt und angegangen werden?

Mit freundlichen Grüßen,

(Metin Erd)
(Dr.Bernd Wagner)

(für das Freiburger Bündnis gegen Rassismus und Diskriminierung)

FrBgRaDi@web.de
www.freiburger-buendnis-gegen-rassismus.de

Offener Brief im Original (PDF)

Frischer Wind bei alten Rechten? Die „Alternative für Deutschland“

22. April 2014

VVNFlyerAfD2014Kein Plan für Europa
Ausgerechnet bei ihrem angeblichen Schwerpunktthema Europa mag sich die AfD überhaupt nicht festlegen. Die Forderungen reichen vom Austritt aus dem Euro über die Bildung eines „Kern-Euro“ bis zur Beibehaltung des Euro mit besonderen Veto-Rechten für die aktuellen Netto-Zahler. (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 10)

Werbung für Hungerlöhne und Sozialabbau
Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, schreibt die AfD. Nur richten sich die von ihr geforderten Maßnahmen gegen die Interessen der arbeitenden und arbeitslosen Menschen. Die AfD ist gegen den Mindestlohn, gegen erkämpfte Rechte der Beschäftigten, die als „Bestandsschutz“ diffamiert werden. Der Sozialstaat soll weiter abgebaut werden. (Programm der AID für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, Seite 14, 15, 18)

Verpackter Rassismus
Die AfD erklärt, für ein „offenes und ausländerfreundliches Deutschland“ einzutreten. Sie fordert aber, dass Sozialleistungen „nur solche Zuwanderer erhalten, die in erheblichem Umfang Steuern bzw. Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt haben oder deren Eltern das getan haben.“

Da das aber logisch gar nicht möglich ist, wird die nächste Forderung fällig, in der heißt: „Wenn Zuwanderer in Deutschland keine ausreichenden Mittel … zur Verfügung haben, müssen sie in ihre Heimat zurückkehren.“ (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 15)

Was wirklich gemeint ist, machte Bernd Lucke in einer Talk-Show deutlich: „Es kann nicht sein, dass wir wie ein Magnet Menschen anziehen, die dann hier nur eine Art sozialen Bodensatz der Gesellschaft formen werden.“ (Bernd Lucke, 30.08.13, zitiert nach Süddeutsche Zeitung, 13.09.13)

Ihre Erfinder
Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist die Erfindung einer kleinen Gruppe von Angehörigen der sogenannten Elite. Vorrangig handelt es sich um Volkswirtschaftsprofessoren, Unternehmer, frühere Führungskräfte der CDU und FDP sowie Adelige, die sich Anfang 2013 als eurokritische „Alternative“ zum bisherigen Parteienspektrum erklärten. Die Angehörigen dieser Clique sind gut vernetzt und weit davon entfernt eine Alternative zum wirtschaftlichen und politischen System zu sein.

Die politische Legitimation der AfD bestand bei der Gründung ausschließlich in der Behauptung, fortan für „den Bürger“ sprechen zu wollen. Im Gegensatz zur Situation anderer neuer Parteien scheint es von Anfang an nicht an Geld gefehlt zu haben.

Über ihre Finanzen schweigt sich die AfD, die so gerne Anderen Verschwendung unterstellt, weitgehend aus.

Ihr Platz in der Politik
Das bisherige Scheitern rechtspopulistischer Parteien in Deutschland ist der Führungsriege der AfD bewusst und so versuchen sie taktisch Vieles, um dem Vorwurf rechter oder rechtspopulistischer Ideologie zu entgehen. Ohne Frage sprechen sie aber das diesbezügliche Wähler- und Mitgliederpotential an. Diese Taktik kann gut aufgehen, da der Parteichef Lucke sehr vielfältige Auftrittsmöglichkeiten in den Massenmedien erhält, Gleichzeitig spielte das rechtspopulistische Kampagnen-Netzwerk des Ehepaars von Storch (u.a. Zivile Koalition e.V.) eine wesentliche Rolle bei Entstehung und Aufbau der Partei.

Dem Gründungsaufruf folgten innerhalb kurzer Zeit etwa 17.000 Mitglieder, bei denen es sich weit überwiegend um ältere, eher wohlhabende Männer handelt. Zur Gründung von oben kommt also eine Gründung von unten hinzu, Die Ziele und Interessen dieser schlagartig entstehenden Mitgliedschaft und Funktionärsschicht sind nicht deckungsgleich mit denen der Führung, was zu beispiellosen internen Auseinandersetzungen führt.

Auf der Überholspur versuchen viele an die Fleischtöpfe der Parlamente zu gelangen, die gleichzeitig so vehement abgelehnt werden – Stichwort „Postenschacherei“ – Heuern und Feuern, Hauen und Stechen sind in der AfD gang und gäbe.

Die AfD ist unter anderem ein Sammelbecken von Mitgliedern und Funktionären früherer Parteigründungsversuche, insbesondere des „Bundes Freier Bürger“, der „Freiheit“ und der „Freien Wähler“. Einige ihrer neu aufgestellten Landesvorstandsmitglieder fallen durch öffentliche Äußerungen auf, die ein rechtsextremes Weltbild vermuten lassen. Der tatsächlich autoritäre Stil der Parteiführung wird parteiintern durch Methoden der direkten Demokratie kaschiert, deren Ergebnisse deutlich machen, dass die Mitgliedschaft Positionen zuneigt, die eher noch rechter sind als die von der Führung öffentlich ausgegebenen.

Darüber hinaus wird die Formierung der AfD intensiv durch ein rechtes Mediennetzwerk begleitet, kommentiert und gefördert, namentlich die „Junge Freiheit“, „eigentümlich frei“, „Blaue Narzisse“ und die „Preußische Allgemeine Zeitung“. Diese Publikationen nehmen durch Interviews mit ihnen genehmen Funktionären der Partei Einfluss auf die Entwicklung der AfD.

Bewunderung für den Anführer Lucke geht einher mit der Lancierung scharfer nationalistischer, autoritärer und ausländerfeindlicher Standpunkte.

Offen nach Rechts
Ob sich die AfD politisch-ideologisch vorrangig als konservativ, evangelikal, rechtspopulistisch, rechtsextrem oder neofaschistisch aufstellen wird, ist noch unklar.

Das muss für sie zur Zeit kein Nachteil sein. Unterschiedliche Spektren können sich angesprochen fühlen. Die Nähe zu rechtsextremen Forderungen und Vorstellungen durch nationale Überheblichkeit und Deutschtümelei, Sozialdarwinismus und Wohlstandschauvinismus wird z.B. deutlich in Aussagen wie: „Die Vereinigten Staaten von Europa (…) haben die Abschaffung der Staatlichkeit Deutschlands und des Grundgesetzes zum Ziel. (…) Sie ist (…) einer neomarxistischen Internationale zuzuordnen, welche die europäischen Nationen durch politische Gleichschaltung und die europäischen Völker durch Massenmigration aufheben will.“ (Der baden-Württembergische AfD-Funktionär Jan Czada am 22.10.13, http://europablog.net/post/64788175211/die-afd-eine-partei-rechts-der-mitte)

AfD-Funktionäre fielen weiter durch die Forderung nach einer „Deutschquote“ für Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Unterstützung homophober Unterschriftensammlungen oder die pauschale Ablehnung der Türkei als mögliches Mitglied der EU auf.

Die AfD trägt ihre Kritik an den politischen Eliten, der angeblich schädlichen Einwanderung und dem Kurs der Europäischen Union in pauschaler, beleidigender und irreführender Form vor. Beispielhaft wird dies daran, dass sie politische Konkurrenten pauschal als „Altparteien“ diffamiert (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14) Das verbindet sie mit vielen rechts- und nationalpopulistischen Parteien in Europa wie dem „Front National“ in Frankreich oder der „Freiheitspartei“ in den Niederlanden.

Eine zentrale Behauptung ist, deutsche Interessen würden in der EU zu wenig berücksichtigt und seien deshalb fortan aggressiver durchzusetzen. Sie zieht sich durch zahlreiche Dokumente und Aussagen ihrer Funktionäre. Eine zweite Argumentationslinie unterstellt, eine quasiparasitâre Unterschicht, sowohl deutscher als auch nicht-deutscher Herkunft hierzulande, die zur Raison zu bringen sei. Eine sich daraus ergebende doppelte Frontstellung wird behauptet.

Der Bürger sei gefangen im „Zangengriff“ aus „nationalen und internationalen Bürokraten und Konzernen“ einerseits und einer „ausufernden Sozialindustrie“ andererseits, so Marc Jongen, stellvertretender Landesvorsitzende in Baden-Württemberg. (Cicero, 22.01.14)

Prominente Kandidaten zur Europawahl stehen für einen explizit gewerkschaftsfeindlichen und marktradikalen Kurs, so z.B. Joachim Starbatty, ehemals BFB, Aktivist der „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft“.

Kritik richtet sich gegen die Europäische Union und die Parteien in Deutschland, die diese stützen, indem sie ihnen vorwirft nicht weit genug und nicht stark genug die Interessen deutscher Unternehmen zu vertreten.

Man möchte sich das Beste aussuchen. Der europäische Binnenmarkt wird ausdrücklich gefordert, weil die deutsche Wirtschaft von ihm maßgeblich profitiert. Die negativen Effekte möchte man aber ausgrenzen, abschieben und draußen halten.

Darüber hinaus fordert die AfD die Verschärfung der Zwänge und des Druckes auf die erwerbstätigen und insbesondere die nicht erwerbstätigen Menschen. Ihr Ziel ist allem Anschein nach die völlige Unterwerfung menschlichen Handelns und Lebens unter das Diktat angeblicher Wirtschaftlichkeit, verstanden als die ungebremste Zurichtung der arbeitenden Menschen auf die Interessen der Unternehmen.

In ihrem Bemühen die Profitinteressen von Unternehmen zu bedienen, verweigert sich die AfD sogar international wissenschaftlich erforschten Zusammenhängen wie der Erkenntnis vom Klimawandel. (Programm der AID für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 19)

Eine wirkliche Alternative
Tatsächliche Alternativen zum bestehenden Kurs der Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt es. Es sind Alternativen gegen das Europa der Großbanken und Konzerne, die das Leben von 5oo Millionen EU-Bürgerinnen und -bürgern maßgeblich bestimmen. Aber auch über ihre Grenzen hinaus hat die EU maßgeblichen Einfluss auf Menschen insbesondere im Mittelmeerraum und in Osteuropa.

In einem Aufruf der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) heißt es es dazu: „Im Mai 2014 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Für die Veteranen des antifaschistischen Kampfes und für Antifaschisten heutiger Generationen sind diese Wahlen aus zwei Gründen von Bedeutung:

Die gegenwärtige Politik und Entwicklung der Europäischen Union entspricht nicht den Interessen großer Teile der Menschen in den europäischen Ländern. Zahlreiche Entscheidungen führen zu massiver sozialer Ausgrenzung, gehen zu Lasten der Schwächsten der jeweiligen Länder. Daher müssen im Europäischen Parlament die Stimmen gestärkt werden, die sich für eine demokratische, friedensorientierte, solidarische und sozial gerechte Entwicklung Europas einsetzen.

Zweitens treten in verschiedenen europäischen Ländern rassistische und extrem rechte Kräfte zu den Wahlen an, denen im Wahlkampf und im Parlament aktiv und engagiert entgegengetreten werden muss.

Wir rufen daher dazu auf, bei der Europawahl in allen Ländern solche Frauen und Männer zu wählen, die sich einsetzen für ein Europa,
– das jeder Form der rassistischen Diskriminierung oder der Fremdenfeindlichkeit entgegentritt,
– das sich für Flüchtlinge einsetzt und ihnen eine menschenwürdige Behandlung garantiert,
– das sich gegen jegliche Form von Holocaustleugnung, Geschichtsrevision und Rehabilitierung von SS-Verbrechern einsetzt,
– das eine soziale Politik gewährleistet, durch die allen Menschen Arbeit, Bildung Ernährung und eine angemessene Wohnung garantiert wird,
– das für eine Friedenspolitik eintritt, die nicht auf Hegemonie, sondern auf nicht-militärische Konfliktlösungen beruht,
– das eine Gemeinschaft im Interesse der Menschen darstellt und nicht der Herrschaft von Banken und Wirtschaftsverbänden,
– das für vergleichbare Lebensbedingungen in allen Ländern eintritt und gegen erzwungene Arbeitsmigration,
– das eine Gleichberechtigung zwischen den Völkern und Nationen garantiert und keine Hegemonialpolitik.“

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Demonstration der Initiative „Rems-Murr nazifrei!“ am 12. April 2014, 14 Uhr, am Schorndorfer Bahnhof unter dem Motto „Laut gegen rechte Gewalt!“

9. April 2014

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Demonstration der Initiative 109714 am 12. April 2014, 14 Uhr, am Schorndorfer Bahnhof unter dem Motto „Laut gegen rechte Gewalt!“

Mit Redebeiträgen von Parteien, Gewerkschaften, Initiativen und Bündnissen und einem Grußwort des Winterbacher Bürgermeisters Albrecht Ulrich

Erinnern an den Jahrestag des Winterbacher Brandanschlag
In der Nacht vom 9. auf den 10. April 2011 überfiel eine Nazigruppe neun Migranten auf einem Gartengrundstück in Winterbach. Nach Schlägen, Tritten, einer mörderischen Hetzjagd und einem Brandanschlag kamen die Betroffenen nur durch Glück mit ihrem Leben davon. Der Brandanschlag hat gezeigt, wohin rassistische Hetze und rassistische Gewalt auch im scheinbar beschaulichen Remstal führen können. „Drei Jahre nach dem Brandanschlag wollen wir an die schrecklichen Ereignisse erinnern und einen Bezug herstellen, wie gefährlich rassistische Hetze ist und was dagegen getan werden muss. Schaut nicht weg und schweigt nicht, wenn sich rassistische Tendenzen entwickeln“, erklärt Tim Haller, ein Sprecher der Initiative Rems-Murr nazifrei.

Den rassistischen Nährboden austrocknen
Eine Erschreckende Toleranz für rassistische Hetze und viele rassistische Ressentiments in der Gesellschaft bildeten den Nährboden für die Feier mit etwa siebzig rechten Gästen aus ganz Baden-Württemberg, die dem Überfall vorausging. An vielen Stellen ist die leidlich bekannte Phrase „ich bin ja kein Rassist, aber…“ in letzter Zeit häufiger zu hören. Die Initiative will zeigen, weshalb es so wichtig ist, dem etwas entgegen zu setzen.

Rassistische Gewalt nicht verharmlosen
Wenn der Boden Früchte trägt, führt dies automatisch zu Gewalt. Im Rems-Murr-Kreis war der traurige Höhepunkt der Winterbacher Brandanschlag. Davor gab es bereits andere Vorfälle rechter Gewalt. Verharmlosen und ignorieren von rechter Gewalt und offenem Rassismus kann fatale Folgen haben!

Gemeinsam und solidarisch gegen Rassismus
Tim Haller: „Schaut nicht weg, wenn sich rassistische Tendenzen entwickeln. Werdet aktiv! Gemeinsam und solidarisch lässt sich so kontinuierlich der rassistische Nährboden austrocknen und die Gegenkultur ausbauen. Dazu müssen sich noch mehr Menschen engagieren. Am Samstag, 12.04.14, soll ein deutliches Signal gegeben werden, dass bei uns im Rems-Murr-Kreis eine vielfältige und solidarische Gegenkultur vorhanden ist.“

Wir sehen uns auf der Straße! Für ein solidarisches Miteinander!

Gegen rassistische Hetze! Gegen rassistische Gewalt!

Nicht schweigen – Informieren!

Nicht wegschauen – Aktiv Werden!

Nicht irritieren lassen – Gemeinsam und solidarisch die Gegenkultur stärken!“

Demonstration am Samstag, 12.04.2014, 14 Uhr, am Bahnhof Schorndorf!

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