Pressemitteilung der VVN-BdA Kreisverband Esslingen zur Blockadekonferenz in Esslingen

27. August 2013

Der Esslinger Kreisverband der VVN-BdA ist Träger der Konferenz „Hinschauen. Aufstehen. Handeln“ zu Chancen, Grenzen und Perspektiven antifaschistischer Blockaden, die am Samstag den 31. August in Esslingen im KOMMA stattfindet.

Ab 17 Uhr gibt es die Möglichkeit, sich in Workshops über die Extremismustheorie auszutauschen oder zum Beispiel der Frage auf den Grund zu gehen, was Blockaden mit zivilem Ungehorsam zu tun haben.

Ab 19 Uhr beginnt dann die Podiumsdiskussion mit der Vizepräsidentin des Thüringer Landtages Astrid Rothe-Beinlich, dem DGB Extremismusexperten Sandro Witt, dem Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit Thomas Trüten sowie weiteren gesellschaftlichen Akteuren.

Umrahmt wird diese Konferenz von einer Ausstellung über antifaschistische Proteste und Blockaden der letzten Naziaufmärsche in der Region.

„Wir freuen uns auf eine spannende Konferenz und hoffen, einen Beitrag leisten zu können, den notwendigen antifaschistischen Protest in die Gesellschaft zu tragen“, so Lara Wendel, eine Sprecherin des Vorbereitungskreises für die Blockadekonferenz.

Presseerklärung zur Ehrenbürgerschaft der Nazitäter Wilhelm Murr und Christian Mergenthaler in Kirchheim

24. August 2013

VVN-BdA Esslingen, IG Metall und DGB Kirchheim erklären zur Ehrenbürgerschaft der Nazitäter Wilhelm Murr und Christian Mergenthaler in Kirchheim:

Die Stadt Kirchheim hat den Text der von ihr im Internet veröffentlichten Liste der Kirchheimer Ehrenbürger geändert. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten sowie die IG Metall und der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßen das.

Bislang erweckte die Kirchheimer Ehrenbürgerliste mit den darauf verzeichneten Nationalsozialisten Murr und Mergenthaler den Anschein, als seien diese auch weiterhin Ehrenbürger von Kirchheim, lediglich mit der Besonderheit, dass sie, wie es im Text hieß, „aus heutiger Sicht“ nicht noch einmal zu Ehrenbürgern ernannt würden – gerade so, als sei die Ernennung „aus damaliger Sicht“ in Ordnung gewesen. Das war sie jedoch nicht: Murr und Mergenthaler waren von Anfang an fanatische Antisemiten und Murr zudem auch noch einer der Hauptverantwortlichen für die Ermordung behinderter Menschen im damaligen Württemberg. Die Ernennung Murrs und Mergenthalers zu Ehrenbürgern war also auch „aus damaliger Sicht“ nicht in Ordnung – genauso, wie überhaupt der ganze Nationalsozialismus zu keinem Zeitpunkt jemals in Ordnung gewesen ist. Die halbherzig klingende Erklärung, dass Murr und Mergenthaler die Ehrenbürgerwürde „aus heutiger Sicht“ nicht mehr verliehen würde, stieß daher weithin auf Unverständnis.

Die Stadt Kirchheim hat Murr und Mergenthaler die Ehrenbürgerwürde allerdings nicht aberkannt. Sie beruft sich auf den in Juristenkreisen vertretenen Rechtsstandpunkt, dass die Ehrenbürgerwürde als persönliches Recht nur lebenden Personen verliehen oder aberkannt werden könne. In der kommunalen Praxis findet diese Rechtsansicht jedoch so gut wie keine Beachtung und nahezu alle Gemeinden haben den Nationalsozialisten unter den Ehrenbürgern symbolisch diese Würde als Akt der öffentlichen Distanzierung aberkannt. Eine solche Aberkennung der Ehrenbürgerwürde ist – ob rechtlich zulässig oder nicht – eine aus unserer Sicht heraus unbedingt notwendige, klare politische Stellungnahme.

Die Stadt Kirchheim hat jetzt zum Ausdruck gebracht, dass sie Murr und Mergenthaler die Ehrenbürgerwürde nur deshalb nicht aberkannt habe, weil sie bereits verstorben seien. Wäre das Ehrenbürgerrecht nicht durch ihren Tod erloschen, dann wäre Murr und Mergenthaler das Ehrenbürgerrecht aberkannt worden. Diese Erklärung kommt im Ergebnis einer Aberkennung gleich. Mit der darin zu sehenden Distanzierung von ihren nationalsozialistischen Ehrenbürgern hat die Stadt dem Wunsch weiter Kreise der Bevölkerung entsprochen, was unter anderem der Tatsache entnommen werden kann, dass über einhundertsechzig Bürger und Bürgerinnen aus Kirchheim und von außerhalb sich durch ihre Unterschrift dafür ausgesprochen hatten, dass der Text der Kirchheimer Ehrenbürgerliste abgeändert werden solle.

Nazis stoppen! Kein Naziaufmarsch am 12. Oktober in Göppingen!

24. August 2013

Die Faschisten in der Region Göppingen haben in den letzten Jahren eine aktive Naziszene aufgebaut. Allein im letzten Jahr veranstalteten die selbsternannten “Autonomen Nationalisten Göppingen” fünf Kundgebungen und Demonstrationen und fielen immer wieder auf, durch Bedrohungen und Angriffe gegen Menschen, die nicht in ihre beschränkte Weltanschauung passen. Am 12. Oktober wollen sie nun erneut aufmarschieren. Das lassen wir uns nicht bieten!

Die Stadt Göppingen ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich Naziszenen entwickeln können, wenn sie nicht frühzeitig als Problem erkannt und bekämpft, sondern stattdessen von Lokalpolitik und Stadtverwaltung verheimlicht und verharmlost werden. Wenn Nazis auf diese Art Raum geboten wird, nutzen sie diesen und breiten sich aus. Bringt man ihnen Gleichgültigkeit oder gar Toleranz entgegen, so zeigen sie verstärkte Präsenz durch Angriffe und Agitation. Jedes selbstbestimmte öffentliche Auftreten der Faschisten stärkt sie nach Innen und ist eine unmissverständliche Drohgebärde nach Außen. Je stärker und durchsetzungsfähiger sie sich dabei geben können, desto anziehender wirkt der Auftritt auf rechtsoffene SympathisantInnen, desto höher also die Gefahr von weiterem Zulauf.

Seit nunmehr über 90 Jahren morden sich der Faschismus und seine Vertreter durch die Geschichte. Mindestens 184 Tote durch Nazigewalt in der BRD seit 1990, die NSU-Morde und der rassistische Massenmord von Oslo sind aktuelle Beispiele der mörderischen Konsequenzen dieser Ideologie. Es ist ein fataler Fehler, diese Taten aus ihrem politischen Zusammenhang zu lösen und zu Gewalttaten fanatischer Einzeltäter umzudeuten. So bleiben die dahinterstehenden Strukturen, Netzwerke und Verbindungen im Dunkeln und werden verharmlost. Die deutschen Faschisten haben mit ihrem Vernichtungszug gegen die europäischen Jüdinnen und Juden, gegen Sinti und Roma und Homosexuelle, mit der blutigen Zerschlagung der gesamten ArbeiterInnenbewegung und dem kompromisslosen Kampf gegen alle fortschrittlich gewandten Menschen schon einmal eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte geschrieben. Auch wenn die faschistische Gewalt heute in ihren Dimensionen neben diesen Ereignissen verblasst, so entspringt sie doch derselben Intention, derselben Gedankenfolge von wertvollem und unwertem Leben. Die heutigen Faschisten sind die direkten Nachfolger der Nazis von damals. Zwangsarbeit, das Verbot jeder gewerkschaftlicher Mitbestimmung, die systematische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt ein unvorstellbar zerstörerischer Weltkrieg, dem Millionen von Menschen geopfert wurden. Das sind die realen Auswirkungen einer faschistischen Herrschaft. Mit dem vermeintlichen Kampf gegen “Unrecht”, oder gar antikapitalistischen Aussichten hat das nichts zu tun. Nazis sind keine Antikapitalisten, sondern streben die Zuspitzung von Ausbeutung und Unterdrückung an. Eine vielfältige und dabei gleichberechtigte Gesellschaft mit wirklichen Beteiligungsmöglichkeiten ist das genaue Gegenteil der faschistischen Bestrebungen und ihr erstes Angriffsziel.

Alle, die für Solidarität und gesellschaftliche Mitbestimmung eintreten, haben zugleich auch die Pflicht, rechte Angriffe abzuwehren und den Nazis einen aktiven Widerstand entgegenzubringen. Solange die menschenfeindliche faschistische Hetze verbreitet werden kann, ist es notwendig, den Verantwortlichen jeden Handlungsraum zu nehmen. Faschistische Demonstrationen sind zwar nur die Spitze des Eisbergs, sie sind zugleich aber der offensichtlichste Punkt, an dem eine Gegenbewegung ansetzen kann und muss. Diese Aufmärsche mit Blockaden zu verhindern ist ein viel erprobtes Mittel, das sich in den letzten Jahren mehrfach bewährt hat. In zahlreichen Städten in der ganzen BRD – Dresden, Karlsruhe, Mannheim, oder Potsdam sind nur einige Beispiele – haben hunderte und tausende Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, unabhängig von Alter, Herkunft, oder sozialem Hintergrund mit engagiertem Einsatz bewiesen, dass Nazis gestoppt werden können. Um das zu erreichen, müssen wir als antifaschistische Bewegung zusammenhalten und einen respektvollen und solidarischen Umgang wahren.

Am 12. Oktober werden wir den Nazis in Göppingen unsere Solidarität, unseren Zusammenhalt und unsere Entschlossenheit entgegensetzen – sie sollen keinen Schritt laufen!. Dabei wollen wir uns weder auf Provokationen der Polizei einlassen, noch werden wir uns von ihr einschüchtern, oder uns von unserem Vorhaben abbringen lassen. Kommt alle und bringt gemeinsam mit uns einen vielfältigen, kreativen und dynamischen Widerstand auf die Straße! Wir werden die Stadt mit Leben füllen, lautstark demonstrieren und die Nazis blockieren. Solange die Gegner eines solidarischen und gleichberechtigten Zusammenlebens ihre Hetze auf die Straße tragen, werden wir nicht aufhören eines deutlich zu machen:

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Kein Fußbreit den Faschisten!

Informationen rund um den Naziaufmarsch und die geplanten Gegenaktivitäten findet ihr auf unserer Homepage

ErstunterzeichnerInnen:

ADHF Föderation für demokratische Rechte in Deutschland

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart

Antifaschistische Aktion Filder

Antifaschistische Gruppe Göppingen

Antifaschistische Initiative Leonberg

Antifaschistische Jugend Rems-Murr

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region

Autonome Antifa Heidenheim

Demokratischer Kulturverein Schwäbisch Gmünd

Demokratisches Kulturzentrum Ulm

DIE LINKE Göppingen & Geislingen

DIE LINKE Stuttgart

Halkevi / Volkshaus Kirchheim Teck

Initiative „Rems-Murr nazifrei!“

Interkulturelle Bildungs -und Begegnungsstätte Stuttgart

Libertäres Bündnis Ludwigsburg (LB)²

LINKE.SDS Baden-Württemberg

Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg

Linksjugend [’solid] Konstanz

Linksjugend [’solid] Pforzheim

Linksjugend [’solid] Stuttgart

Offenes Antifaschistisches Bündnis Kirchheim Teck

Revolutionäre Aktion Stuttgart

ver.di Jugend Baden-Württemberg

VVN-BdA Kreisverband Esslingen

VVN-BdA Kreisverband Stuttgart

Weiler schaut hin! e.V.

Young Struggle Stuttgart

Zusammen Kämpfen Stuttgart

Einzelpersonen:

Christian Stähle, DIE LINKE Göppingen & Geislingen

Christina Frank, DIE LINKE Bundestagskandidatin

Janka Kluge, Landessprecherin der VVN – BdA Baden-Württemberg

Jochen Dürr, Landessprecher der VVN – BdA Baden-Württemberg

Thomas Edtmaier, DIE LINKE Göppingen & Geislingen

Thomas Trüten, IG Metall Vertauensmann, Mitglied der Delegiertenversammlung Esslingen

Tobias Pflüger, DIE LINKE Bundestagskandidat

VVN-BdA Esslingen unterstützt Konferenz „Hinschauen. Aufstehen. Handeln.“

21. Juli 2013

Immer wieder versuchen Faschisten, auch hier in Baden-Württemberg, durch Kundgebungen oder Demonstrationen die Öffentlichkeit zu erreichen – doch wo sie auftreten werden sie mit antifaschistischem Widerstand konfrontiert.

Gerade Ziviler Ungehorsam in Form von Blockaden schaffte es dabei in den letzten Jahren immer wieder, Naziaufmärsche zu verhindern oder stark einzuschränken. Die wohl erfolgreichste Geschichte ist die des ehemals größten regelmäßigen Naziaufmarschs in Europa, der jedes Jahr im Februar in Dresden stattfand: Zwei Jahre in Folge blockierten über zehntausend Antifaschtinnen und Antifaschisten die angemeldete Demonstrationsroute so, dass es 2012 nicht einmal mehr zu einem Aufmarschversuch kam.

Auch in Baden-Württemberg gab es in den letzten Jahren erfolgreiche Blockaden: In Heidelberg und Karlsruhe konnten die Nazis keinen Meter laufen, in Mannheim musste die Demoroute stark verkürzt werden und in Pforzheim wurde ein Großteil der Faschisten davon abgehalten, zum Kundgebungsort zu gelangen.

Doch angekündigte Blockadeaktionen sind leider nicht immer erfolgreich. Denn wo Oberbürgermeister mancherorts in der ersten Reihe der Blockade sitzt, versuchen Stadtverwaltungen anderenorts durch Geheimhaltung, Allgemeinverfügungen und Hetzkampagnen jeglichen spürbaren Protest zu unterbinden. Großeinsätze der Polizei und massenhafte Ingewahrsamnahmen zeigten dieser Aktionsform in der Vergangenheit immer wieder Grenzen auf.

Ein trauriges Beispiel hierfür ist der 06.10.12 in Göppingen, denn er zeigt auch: Wo Nazis ungehindert durch die Innenstadt marschieren können und ihnen der Weg mit Pfefferspray und Schlagstock freigeprügelt wird, folgen weitere Aufmärsche. In Göppingen ist für den 12.10.13 bereits die nächste Nazidemonstration angemeldet. Doch auch diese wird nicht ohne direkten Gegenprotest stattfinden. Im Hinblick darauf heißt es:

Hinschauen und sich in Workshops und an Infotischen über Nazistrukturen und organisierte antifaschistische Arbeit in Baden-Württemberg zu informieren!

Aufstehen und mitdiskutieren, über Chancen und Genzen von antifaschisitschen Blockaden!

Handeln, wenn Nazis auf die Straße gehen wollen – ob am 12. Oktober in Göppingen oder anderswo!

Bündnistreffen: Gemeinsam gegen den Naziaufmarsch am 12. Oktober in Göppingen

geschrieben von Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart & VVN-BdA Kreisverband Esslingen

17. Juli 2013

Für den 12.Oktober 2013 planen Faschisten wieder einen Aufmarsch in Göppingen. Unter dem Deckmantel einer angeblichen „Kapitalismuskritik“ wollen sie zum wiederholten Male ihre menschenverachtende Hetze auf die Straße tragen.

Auch vergangenen Oktober versuchten die Faschisten durch Göppingen zu marschieren. Ein antifaschistisches Bündnis rief damals zur Blockade des Aufmarsches auf. Durch den entschlossenen Widerstand mehrerer hundert AntifaschistInnen musste die Nazidemonstration letztlich nach einer Kürzung der Route abgebrochen werden.

An diesen Teilerfolg möchten wir anknüpfen und auch in diesem Jahr gemeinsam vielfältige Gegenproteste organisieren. Aus diesem Grund laden wir euch zu einem ersten Bündnistreffen zur Koodinierung der Proteste ein. Dieses wird am 31. Juli 2013 um 19 Uhr im Linken Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart (U1 / U14, Haltestelle Erwin-Schöttle-Platz) stattfinden.

Den Naziaufmarsch am 12.Oktober in Göppingen verhindern!

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart & VVN-BdA Kreisverband Esslingen

Kundgebung und Mahnwache: 20 Jahre nach dem Brandanschlag von Solingen

24. Mai 2013

Wir wollen nicht vergessen, Wir wollen nicht wegsehen, Wir wollen nicht schweigen.

Am 29.05.2013 wollen wir mit einer Mahnwache an die Opfer des Brandanschlags in Solingen vor genau 20 Jahren gedenken. Damals setzten Neonazis das Haus von Familie Genc in Brand. Fünf Mitglieder wurden auf grausamste Art Opfer des ausländerfeindlichen Anschlags: Hülya Genc (9 Jahre), Gülistan Öztürk (12 Jahre), Hatice Genc (18 Jahre), Gürsün lnce (27 Jahre) und Saime Genc (4 Jahre). Der Anschlag von Solingen setzte Menschen in Deutschland und weltweit in Entsetzen. Nicht vergessen sind die landesweiten Protest- und Gedenkmärsche im Zeichen des Antifaschismus und Antirassismus. Die Täter des Anschlags wurden jedoch nur kurze Zeit später freigesprochen.

Für die Angehörigen der Opfer bleibt die Trauer und der Schmerz über den Tod ihrer Töchter, Schwester, Kusinen…

Wir begehen den 20.Jahrestag des Brandanschlags von Solingen. Rassistische Übergriffe und Morde sind heute noch allgegenwärtig. Gutgemeinte Appelle zur Ächtung von faschistischen und rassistischen Organisationen und deren Propaganda, halten Neonazis nicht davon ab, sich weiter zu organisieren, ihre menschenverachtende Meinungen und Ideologien zu verbreiten.

In den letzten 20 Jahren wurden 169 Menschen von Neonazis ermordet. Von 2000 – 2007 wurden 9 Migranten (davon 8 türkischer und 1 griechischer Herkunft) sowie eine Polizistin in Heilbronn Opfer eines systematisch durchgeführten Mordserie der Nationalsozialistischen Untergrundorganisation (NSU). Jahrelang wurden die Morde unter dem Begriff „Döner- Morde“ bagatellisiert; eine Verbindung zu nationalistischen Kreisen immer wieder zurückgewiesen.

Inzwischen ist aber nicht mehr abzustreiten, dass sich die Naziterrorgruppe NSU unter den Augen des Verfassungsschutzes und seiner V-Leute herausgeildet hat und deutsche Behörden tief verstrickt sind. Die lückenlose Aufklärung der NSU-Morde und die strafrechtliche Verfolgung der Täter würden den Schmerz und die Trauer den Familien über den Verlust ihrer Angehörigen lindern. Doch der Kampf gegen Rechts braucht weitere Schritte:

• Schluss mit der Förderung neofaschistischer Strukturen durch V-Leute und Verfassungsschutz

• Verbot aller faschistischen und rassistischen Organisationen und deren Propaganda!

• Ende der Spaltungspolitik zwischen den Beschäftigten unterschiedlicher Herkunft!

Anlässlich des 20. Jahrestags des Brandanschlags von Solingen wollen wir mit einer Mahnwache den Opfern gedenken und gegen Rassismus und Nationalismus jeglicher Art protestieren.

Mittwoch, 29.Mai 2013, 16.00 Uhr Schlossplatz, STUTTGART – Mitte Kundgebung ab 17.00 Uhr, mit: Bernhard Löffler (DGB Nordwurttemberg), Janka Kluge (VVN-BaA), Ali Murat Gül (DIDF Stuttgart), Vertreter/in ver.di Bezirk Stuttgart,

„Solange nicht jeder Mensch auf dieser Erde ein menschenwürdiges Leben führen kann, darf die Idee des Sozialismus nicht begraben werden.“

20. Mai 2013

Die Esslinger Kreisvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) dokumentiert die von Dieter Keller am 17. Mai 2013 gehaltene Trauerrede für Ilse Werner:

Danke Wilma Heuken für die gefühlvolle, musikalische Einleitung der Trauerfeier zur Feuerbestattung mit dem Lied „Brot und Rosen“ für Ilse Werner.

Brot und Rosen, dieses Lied ist entstanden im Jahre 1912 bei einem Streik von 14.000 Textilarbeiterinnen in den USA. Der Streik richtete sich gegen Hungerlöhne, Kinderarbeit und soziale Armut. Es symbolisiert: Wir brauchen Brot als Voraussetzung für ein Leben ohne Hunger und Armut. Darüber hinaus Rosen um ein besseres, selbst bestimmtes Leben führen zu können.

Brot und Rosen schmücken den Sarg unserer verstorbenen Genossin, Kommunistin, Kameradin der VVN/BdA, unserer Freundin und Cousine, Ilse Werner. Brot und Rosen umreißen auch das Lebenswerk von Ilse.

Liebe Trauergemeinde, Ilse Werner am 7. Dezember 1927 in einem sozialdemokratisch orientierten Elternhaus geboren. Sie verstarb nach kurzer schwerer Krankheit am 10. Mai. Also an jenem Tag, wo vor 80 Jahren die Bücherverbrennungen in Deutschland stattfanden und zwei Tage wo vor 68 Jahren Deutschland vom Faschismus befreit wurde. Heute können Neonazis über Jahre unentdeckt, gedeckt wieder mordend durch Deutschland ziehen.

Als Kind und Jugendliche erlebte Ilse die Machtübertragung auf Hitler mit all seinen grausamen Folgen. Ihr Vater und einziger Bruder sind im Krieg nach offizieller Version „gefallen“. Ihre Schulzeit, acht Jahre Volksschule von 1934 – 1942. Ein Pflichtjahr und kaufmännische Lehre bei AEG erlebte sie im Faschismus und sie musste deren faschistische Ideologie und Propaganda über sich ergehen lassen.

Dies alles prägte das weitere Leben und Arbeit von Ilse nach Beendigung von Faschismus und Krieg.

Im Juli 1945 bekam sie übers Arbeitsamt, Arbeit bei der Rückführungsstelle für ehemalige politische Häftlinge. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann Hermann Werner kennen. Sie trat seit dieser Zeit dafür ein dass:

die faschistischen Verbrechen nicht verschwiegen, verdrängt oder gar ins Gegenteil verkehrt und die Opfer nicht vergessen werden. Dass die Opfer und ehemaligen Zwangsarbeiter Wiedergutmachung erhalten.

Sie bekämpfte leidenschaftlich faschistische, rassistische Ideen und Handlungen.

Das Kampffeld gegen Faschismus und Krieg war für Ilse Lebensmittelpunkt und Arbeitsschwerpunkt.

Die Würdigung von Ilse durch die VVN/BdA wird im Anschluss von der Bundesvorsitzenden Cornelia Kehrt vorgenommen.

Ilse Werner, das sind mehr als 60 Jahre Mitglied und aktiv in der kommunistischen Partei. Zunächst in der KPD, die ja heute noch widerrechtlich verboten ist, in die sie 1950 eintrat. Seit 1968 in der DKP, in der sie viele Funktionen inne hatte. Sie trat dafür ein, dass alle Menschen ohne Hunger, Not, Unterdrückung und Krieg leben können. Sie sah im kapitalistischen Profitstreben die Wurzel allen Übels und wollte eine Welt in der nicht das kapitalistische Profitprinzip, sondern die Menschen im Mittelpunkt aller Dinge stehen. Ihr Motto lautete:

„Solange nicht jeder Mensch auf dieser Erde ein menschenwürdiges Leben führen kann, darf die Idee des Sozialismus nicht begraben werden.“

Ilse Werner, das sind ebenso viele Jahre Engagement für Frieden, gegen Wiederaufrüstung und Remilitarisierung, Kampf gegen den Atomtod und gegen die Stationierung der US-amerikanischen Mittelstreckenraketen in Europa, gegen den Krieg in‚ Vietnam und bei den Ostermärschen. In den Anfangsjahren hat sie diese mit organisiert.

Ilse Werner, das sind ein Leben für die Rechte der Frauen. Insbesondere innerhalb der Naturfreundebewegung. 1956 wurde sie Mitglied der Naturfreunde. Von 1957 bis 1990 war sie 33 Jahre lang Leiterin der Stuttgarter Frauengruppe der Naturfreunde.

Ebenfalls 1956 wurde Ilse Werner Mitglied im „Clara Zetkin Waldheim“ Dort war sie in verschiedenen Funktionen unermüdlich aktiv. Sie wirkte für das Vermächtnis Clara Zetkins, ihr grosses Vorbild. Das Waldheim „Clara Zetkin“ wurde und war die zweite Heimat von Ilse.

Es war der große Wunsch von Ilse, dass wir uns nach Abschluss der Trauerfeier im Clara Zetkin Haus in Sillenbuch treffen. Dazu möchte ich Sie/Euch in ihrem Namen recht herzlich einladen. Dort werden und können weitere Nachrufe und Würdigungen für Ilse erfolgen.

In einem Nachruf auf Ilse Werner darf in keinem Fall fehlen, ihr unermüdliches, soziales Engagement. Davon zeugt ihre 67 jährige Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Ihre langjährige Tätigkeit als 2. Vorsitzende des VDK in Rohracker und ihre Mitarbeit im Krankenpflegeverein.

Über Jahre hinweg pflegte Ilse ihre schwerkranke Mutter. Mehr als drei Jahre fuhr sie jeden Tag ins Pflegeheim und half ihrer Mutter beim Überleben.

1950 mit 23 Jahren heiratete sie ihren Mann Herrmann Werner. Er verstarb 1975. Bis zu seinem Tode pflegte Ilse sieben Jahre lang ihren schwerkriegsgeschädigten Hermann.

9 Jahre später starb ihr Lebensgefährte, Genosse und Widerstandskämpfer Alfred Lauterwasser.

1987 hat sie sich mit dem für uns unvergessenen Alfred Hausser liiert. 1999 bezogen sie gemeinsam ihre Wohnung. Der gemeinsame antifaschistische Kampf, die gemeinsame Tätigkeit bei der VVN brachte beiden persönliche Zuneigung und Glück. Aber auch Alfred wurde krank und bedurfte ihrer liebenvollen Pflege.

Wie Ilse diese persönlichen Rückschläge verkraftete und wie sie dies alles schaffen konnte ist bewundernswert und zeugt von der Kraft und Überzeugung dieser bewundernswerten Frau und Genossin.

Erst mit ihrem Einzug ins Augustinum auf dem Killesberg vor zwei Jahren hatte sie das Glück, dass sich andere um sie kümmerten. Wir hätten ihr gegönnt dass dies noch viele Jahre so anhält. Doch ihr Tod lies das nicht mehr zu.

Die Gedenkfeier zum 100. Geburtstag von Alfred Hausser, organisiert von der VVN/BdA, war für Ilse wie sie in ihrer Neujahrsanzeige in der UZ der sozialistischen Wochenzeitung der DKP schrieb. „der Höhepunkt 2012 und hat (ihr) viel Kraft gegeben.“

Wie werte Trauergemeinde, soll man eine solche Frau charakterisieren?

Ilse hat sich selbst nie geschont. Sie war keine Mitläuferin, sondern stets aktiv und Antriebsmotor. Sie überzeugte, weil sie selbst von dem überzeugt war, was sie sagte und danach auch handelte. Dabei nahm sie kein Blatt vor den Mund. Sie war freundlich konnte aber auch resolut zugleich sein.

Ihr Wort hatte Gewicht. Auf sie war Verlass. Sie war konsequent, gründlich, genau, verantwortungsbewusst und die Zuverlässigkeit in Person. Sie war ein wandelndes Geschichtslexikon. Wenn sie aus dem eigenen Wissen heraus eine konkrete Frage nicht beantworten konnte, genügte ein Griff in ihr Ordnungssystem um die Frage zu beantworten. Darin war sie perfektionistisch.

Sie hatte drei große Feinde: Den Kapitalismus, als Ursache von Krieg, Faschismus und Hunger in der Welt. Das Chaos und die Unzuverlässigkeit. Wenn jemand oder irgendwas diesen ihren hohen Ansprüchen nicht entsprach, so konnte sie auch bruddeln. Ansonsten war sie immer sehr freundlich, herzlich, hilfbereit, humorvoll.

Sie feierte gerne. Nicht nur in ihrer damaligen Mietwohnung in Rohracker, sondern auch in den beiden Waldheimen und anderswo wurde manche auch spontane Fete mit ihr gefeirt. Von ihr initiert oder und auch organisiert. Dabei Arbeiter, Kampf und Wanderlieder gesungen.

Die bereits von mir erwähnte Neujahrsanzeige von Ilse in der UZ wird eingeleitet mit folgenden Zeilen von Louis Fürnberg:

Unser Leben ist nicht leicht zu tragen, nur wer fest sein Herz in seinen Händen hält, hat die Kraft zum Leben Ja zu sagen und zum Kampf für eine neue Welt.

Ja Ilse, dein Leben, so schön es oft war, war nicht leicht zu tragen. Du hattest dein Herz in festen Händen und „die Kraft zum Leben Ja zu sagen und zum Kampf für eine neue Welt.“ Du warst Vorbild, eine großartigen Frau, Genossin und Kampfgefährtin. Dafür danke ich dir persönlich von ganzem Herzen. Ich bin überzeugt dies auch im Namen der gesamten Trauergemeinde zu tun.

Wenn zum Abschluss auf deinen ausdrücklichen Wunsch „Die Internationale“ erklingt, dann wird klar, du warst eine überzeugte Kommunistin und Internationalistin. In Zukunft müssen wir dieses Lied ohne deine kraftvolle Stimme singen. Aber wir versprechen dir, wir werden diesen Weg in deinem Sinne weiter gehen. In unseren Liedern, Herzen und Kämpfen wirst du weiter leben.

Für dich liebe Ilse als Zeichen meines Dankes zu Brot und Rosen, die Rote Nelke die unsere Kämpfe immer begleitet hat.

Solidarität mit der Refugee Liberation Bus Tour!

17. Mai 2013

Der Esslinger Kreisverband der VVN-BdA solidarisierte sich mit der Refugee Liberation Bustour, die am vergangennen Samstag auch im Kreis Esslingen Halt machte (http://thevoiceforum.org/node/3196):

Die Refugee Liberation Bus Tour ist ein Zusammenschluss von Flüchtlingen, die auf ihre menschenunwürdige Situation in Deutschland aufmerksam machen. Die Tour startete am 26. April und führt seitdem durch mehrere Städte in Baden Württemberg und Bayern. An den jeweiligen Sammelunterkünften kommt sie mit den dort untergebrachten Flüchtlingen direkt in Kontakt. Dabei erhalten diese die Chance, als Betroffen vor Ort zu Wort zu kommen und über die alltägliche Ausgrenzung und Diskriminierung, die ihnen hier wiederfährt, zu berichten. Ziel der Aktion ist es, den Alltag in den Unterkünften in der Öffentlichkeit zu skandalisieren und der Forderung nach einem menschenwürdigen Leben für Flüchtlinge Nachdruck zu verleihen.

Am 18. Mai plant die Tour einen Halt in Esslingen und Göppingen. In Esslingen ist seit einiger Zeit Stimmungsmache gegen Flüchtlinge von rechtsgerichteten Gruppen und Parteien zu beobachten. Im vergangen Jahr wandte sich der Ortsverband der CDU in einer Pressemitteilung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Altbach und begründete dies durch deren angebliches „Gefahrenpotential“, vor dem sich die Bürger und Bürgerinnen fürchten würden. Diese Gefahr glaubten im März diesen Jahres in Folge einer tödlichen Auseinandersetzung vor dem Asylbewerberheim in Kirchheim/Teck offenbar Neonazis bestätigt. Dabei griffen sie die von der CDU geschürte Angst der Bevölkerung auf und nutzten diese Steilvorlage, um alle Flüchtlinge über einen Kamm zu scheren und in Flugblättern als „kriminelle Ausländer“ zu diskreditieren. Auch in Göppingen, dem zweiten Stopp der Tour, scheinen Flüchtlinge wenig willkommen. Am 10. April schilderte die Neue Württembergische Zeitung, wie der Sozialausschuss bei den einzelnen Städten im Kreis Göppingen regelrecht um die Schaffung neuer Plätze für Asylbewerber betteln muss. Zudem verbreiten dort die selbsternannten „Autonomen Nationalisten Göppingen“, eine der aktivsten Neonazigruppen in Süddeutschland, seit Jahren weitestgehend ungestört ihre fremdenfeindliche Propaganda und schrecken auch nicht vor Gewalt gegen Andersdenkende und MigrantInnen zurück. Gegen sie gerichteter Protest wurde in der Vergangenheit oftmals von Stadt, Polizei und bürgerlichen Parteien, allen voran der CDU, diffamiert und unterdrückt.

Die Refugee Liberation Bus Tour wurde bei ihren bisherigen Zwischenhalten immer wieder mit staatlicher Repression konfrontiert.

In Offenburg wurde ein von der Ausländerbehörde verhängtes Hausverbot gegen die AktivistInnen durch Polizeigewalt und mehrere zwischenzeitliche Festnahmen umgesetzt. Auch in Mannheim kam es zu Angriffen durch die Polizei und in Heilbronn sollten Auflagen die Betretung eines Sammellagers verbieten. Die Aktionen der Flüchtlinge scheinen den staatlichen Institutionen und Behörden ein Dorn im Auge zu sein. Die Dokumentation ihres Alltags, der unter anderem das Leben in viel zu kleinen Unterkünften, die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit durch die Residenzpflicht und permanente Kontrollen und Sondergesetze gegen sie umfasst, ist offenbar nicht erwünscht.

Dass die Flüchtlinge sich politisch austauschen und organisieren, um sich gegen die Zumutungen zu wehren, denen sie der deutsche Staat tagtäglich aussetzt, soll zur Not auch mit Gewalt verhindert werden.

Wir solidarisieren uns hiermit mit den AktivistInnen der Refugee Liberation Bus Tour und allen Flüchtlingen weltweit. Die Forderung nach einem selbstbestimmten, freiheitlichen Leben ist ein Anliegen, für das weiter gekämpft werden muss und wird. Wir verurteilen die Kriminalisierungsversuche und die rassistische Polizeigewalt, mit der gegen die Bus Tour seit ihrem Beginn vorgegangen wird. Den rechten Hetzern, die solcher Unterdrückung den politischen Rückhalt liefern, werden wir uns auch in Zukunft aktiv entgegenstellen.

Refugees Welcome – in Esslingen, Göppingen und überall auf der Welt!

Nachruf für Ilse Werner

14. Mai 2013

Ilse Werner ist am vergangenen Freitag Morgen gestorben. Sie hat sich ihr Leben lang für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) eingesetzt. Sie war die Lebenspartnerin des Mitbegründers der VVN-BdA, Alfred Hausser. Cornelia Kerth erklärt in einem Nachruf für die Bundesvereinigung der VVN-BdA:


Ilse Werner bei der Feier anlässlich Alfred Haussers 100. Geburtstag Foto: Thomas Trueten

Am 10. Mai ist unsere Kameradin Ilse Werner in ihrer Heimatstadt Stuttgart gestorben.

Wir alle kannten sie nicht nur als Lebensgefährtin unseres unvergessenen Alfred Hausser, sondern als aktive Antifaschistin und Streiterin für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit, die seit früher Jugend der VVN, später der VVN-BdA eng verbunden war.

Ilse ist 1927 geboren, erlebte ihre Schulzeit im „Dritten Reich“. Nach dem anschließenden Pflichtjahr trat sie eine kaufmännische Lehre bei der Firma AEG an, die bei der Befreiung endete; gleichzeitig endete ihre Beschäftigung. Ein sozialdemokratischer Freund ihres Vaters, dem sie bei einer Gewerkschaftskundgebung von ihrer Arbeitslosigkeit erzählte, schickte sie mit seiner Empfehlung zum Leiter des damaligen Arbeitsamtes. So kam sie zur „Rückführungsstelle für ehemalige politische Häftlinge“, einem Vorläufer der VVN. In dieser Zeit entstanden lebenslange Freundschaften. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, Hermann Werner kennen. Hermann Werner war einer der jüngsten Verfolgten in Stuttgart.

Als Hermann Werner starb, übernahm Ilse als seine Witwe seine Mitgliedschaft, und nicht nur das: Nachdem sie einige Jahre wegen der Pflege ihres Mannes nicht gearbeitet hatte, ist sie im Januar 1976 wieder in das Landesbüro der VVN-BdA zurückgekehrt. Der damalige Geschäftsführer Fritz Besnecker und Alfred Hausser konnten sie dafür gewinnen. Als Alfreds Sekretärin unterstützte sie seit damals seine Arbeit für die sozialen Interessen der ehemals Verfolgten.

Der Kampf um die Entschädigung wurde auch für Ilse zur Lebensaufgabe. Noch viele Jahre nach dem offiziellen Eintritt in den „Ruhestand“, kam sie mit Alfred täglich für einige Stunden in das Stuttgarter Büro, wo in den 1990er Jahren hunderte von Anfragen ehemaliger Zwangsarbeiter_innen, vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion, bearbeitet werden mussten. Selbst im Urlaub gab es kein Ruhen: Jeden Morgen verbrachte sie mindestens eine Stunde mit Alfred beim Diktat – und sei es auf dem Balkon.

Ihr zweites großes Anliegen war die finanzielle Sicherung der VVN-BdA. Die Kassierung der Mitglieder und das Einwerben von Spenden lagen ihr sehr am Herzen und dabei hatte sie durchaus große Erfolge. Nicht selten spendete Ilse selbst größere Beträge, die zur Realisierung eines Vorhabens fehlten, ohne jedoch ihren Namen zu nennen.

Als Alfred Hausser zu Beginn der 1990er Jahre die Verantwortung für die weitere Existenz und organisatorische Umgestaltung der VVN-BdA übernahm, stand sie ihm zur Seite. Auf vielen Sitzungen begleitete sie ihn und wir lernten Ilse so als kluge und warmherzige Kameradin kennen, deren Beitrag für das gute Arbeitsklima gerade auch bei vielen inhaltlichen Diskussionen gar nicht hoch genug geschätzt werden konnte. Wir sind froh, dass sie noch an unserer Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Alfred teilnehmen konnte und darin eine Anerkennung ihrer gemeinsamen Arbeit sah.

Neben der VVN-BdA war Ilse Werner noch in vielen anderen Organisationen und Vereinen aktiv: bei den Naturfreunden, in der DKP, im Waldheim Sillenbuch (Clara-Zetkin-Haus) und beim VdK. Überall hat sie bleibende Spuren hinterlassen.

Wir werden an Ilse denken, als Kameradin, als mütterliche Freundin, als großartige Frau.

Cornelia Kerth

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Bundesvereinigung

Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Tel.: +49 (0)30-29784174, Fax: +49 (0)30-29784179

E-Mail: bundesbuero@vvn-bda.de

www.vvn-bda.de

Ilse Werner lebt nicht mehr

10. Mai 2013

Ilse Werner ist am gestrigen Freitag Morgen gestorben. Sie hat sich ihr Leben lang für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) eingesetzt. Sie war die Lebenspartnerin des Mitbegründers der VVN-BdA, Alfred Hausser.Wir erinnern mit einem Interview von Paul Bauer mit Ilse an sie.


Ilse Werner bei der Feier anlässlich Alfred Haussers 100. Geburtstag Foto: Thomas Trueten

Ilse Werner, Stuttgart – Klar die kenn ich, das ist doch …

von Paul Bauer

Die freundliche Kameradin vom Landesbüro, immer bereit einem mit Rat und Tat weiterzuhelfen Die Frau von der LDK, die die Mitgliedsbücher kontrolliert und wehe „die Beitragsmärkle“ fehlen Mit der hab ich auch schon öfters telefoniert Die Kameradin, die Neueintritte bearbeitet Die Lebensgefärtin von Alfred Hausser

So oder ähnlich könnten die Antworten ausfallen, wenn man nach Ilse Werner fragt. Kaum einer auf Kreis- Landes- und Bundesebene, der nicht schon einmal mit Ilse zu tun hatte. Doch die wenigsten unserer Mitglieder wissen, daß Ilse über 31 Jahre, also fast ihr gesamtes Arbeitsleben, für die VVN-BdA haupt- und ehrenamtlich tätig war. Grund genug, da mal genauer nachzufragen:

Ilse, wie kommt ein junges Mädchen von 18 Jahren dazu, eine Stelle bei der VVN anzunehmen?

Ich bin 1927 geboren, also in der Zeit des Nationalsozialismus zur Schule gegangen. Nach der Schulzeit und dem Pflichtjahr trat ich eine kaufmännische Lehre bei der Firma AEG an, die bei der Befreiung endete und zugleich meine Entlassung war.Es war reiner Zufall, dass ich bei der ersten Gewerkschaftskundgebung in Stuttgart einen sozialdemokratischen Freund meines Vaters traf, der, nach dem ich ihn von meiner Arbeits-losigkeit informierte, mich mit seiner Empfehlung zum Leiter des damaligen Arbeitsamtes schickte. Dieser lies sich die offenen Stellen bringen, es waren ca. vier Kärtchen und beim durchblättern sagte er dann zu mir „Rückführungsstelle für ehemalige politische Häftlinge, das wäre doch was für Sie!“ Ich hatte natürlich keine Ahnung was mich da erwarten würde, und noch viel weniger davon, dass dieser Schritt mein ganzes späteres Leben prägen würde. Durch die Arbeit bei der Rückführungstelle lernte ich viele Kameradinnen und Kameraden aus dem Widerstand gegen das Naziregime kennen. Mein Respekt und die Achtung vor diesen Menschen wurde täglich grösser. In dieser Zeit entstanden Freundschaften die bis heute währen. Damals lernte ich auch meinen späteren Ehemann, Hermann Werner kennen. Hermann Werner war einer der jüngsten Verfolgten in Stuttgart.

Was war dein Aufgabenbereich?

Seitenlange Erlebnissberichte mußten zu Papier gebracht werden. Die Schreibmaschine lief heiss! Alles mußte registriert und geprüft werden, wer nicht bekannt war, mußte Zeugen benennen, um seine Verfolgung durch das Naziregime zu dokumentieren u.s.w.. Nach der Befreiung vom Faschismus, galt es ausserdem den oftmals vor dem Nichts stehenden Verfolgten, in vielen Lebenslagen beizustehen, sei es bei der Beschaffung von Wohnraum, Möbel bis hin zur ärztlichen Betreuung. Über die Süddeutsche Ärzte- und Sanitätshilfe wurden Hilfsgüter aus der Schweiz verteilt, da war einfach alles gefragt, von Butter und Kartoffeln bis zu Töpfen oder ein Köfferle.

Kannst du kurz schildern wie die politischen und sozialen Verhältnisse zu dieser Zeit im “ Ländle“ waren?

In dieser Zeit, wo es buchstäblich an allem fehlte, entstanden sog. „Arbeitsausschüsse“, dort haben sich die Verfolgten engagiert, weil sie das Vertrauen der Bevölkerung besassen. In jener Zeit waren Antifaschisten gefragt und wurden an vielen Orten als Bürgermeister, Landräte und sogar als Minister eingesetzt. Im März 1947 haben dann 68 Vertreter von den Verfolgten, aus allen vier Besatzungszonen, in Frankfurt die VVN als gesamtdeutsche Organisation der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus gegründet. Am 17.Mai 1947 erfolgte die Gründung der VVN für das ehem. Land Württ.-Baden in Stuttgart. Kurze Zeit später kam es zur Gründung der Landesleitung der VVN, in der franz. Zone und mit Bildung des Landes Baden – Württemberg, entstand 1951 der gemeinsame Landesverband der VVN. In dieser Nachkriegsphase war die politische Tätigkeit unserer Organisation auf die Bestrafung und Entfernung der belasteten Nazis aus den Öffentlichen Ämtern orientiert.

Am 1. 10. 1975 wurdest du Mitglied in der VVN-BdA. Was waren deine Beweggründe in die Organisation einzutreten?

Ich hätte es schon 1945 getan, aber das ging ja damals noch nicht, dazu sage ich aber später noch etwas. Mein Ehemann ist im September 1975 verstorben. Als seine Witwe habe ich dann sozusagen, seine Mitgliedschaft sofort übernommen und nicht nur das, nach längerer Arbeitspause, bedingt durch die Pflege meines Mannes, bin ich im Januar 1976 wieder in das Landesbüro der VVN-BdA zurückgekehrt. Der damalige Geschäftsführer Fritz Besnecker und Alfred Hausser haben mich wieder geholt. – Übrigens, die Möbel und die Tapeten waren immer noch die gleichen wie 1950! Doch nun zurück zu deiner Frage, warum ich erst 1975 in die VVN-BdA eingetreten bin. Im Zuge der Studentenbewegung Ende der 60er Jahre änderte sich das politische Klima in der BRD. Junge bzw nicht direkt von der Nazizeit betroffene Menschen interessierten sich zunehmend für die Arbeit der VVN, die bis zu diesem Zeitpunkt eine reine Verfolgtenorganisation war. Auf dem Bundeskongress in Oberhausen im Jahre 1971 öffnete sich die VVN für diesen Interessentenkreis und änderte Satzung und Name in „Vereinigung der Verfolgten des Naziregime – Bund der Antifaschisten“, so war es nun auch mir und vielen anderen Menschen möglich, Mitglied in unserer Organisation zu werden.

Mitte der 90er Jahre kam es in Baden-Württemberg zur Gründung von VVN – Jugend- gruppen. Was würdest du einem jungen Menschen antworten wenn er oder sie dich fragen würde: Antifaschismus – Ist das nicht schon längst überholt? Ist das überhaupt noch zeitgemäß?

Aber natürlich! Solange die Nazizeit in unserer Gesellschaft nicht aufgearbeitet ist, kann Antifaschismus gar nicht überholt sein. Im Gegenteil, unsere Organisation ist heute wieder bei den Aufgaben aus der Gründerzeit: NIE WIEDER FASCHISMUS – NIE WIEDER KRIEG! Die Frauen und Männer des Widerstandes, die Opfer des Faschismus hoffen auf die Jugend, damit ihr Vermächtnis nicht in Vergessenheit gerät. Dass nicht einfach ein Schlußstrich unter dieses schreckliche Kapitel unserer jüngeren Geschichte gezogen wird. Das heist im Klartext: Die Jugend ist die Zukunft der VVN-Bund der Antifaschisten. Mein Wunsch ist, daß viele Jugendgruppen zusammenfinden, die antifaschistische Arbeit weiterführen und dabei auch Spaß und Freude haben.

Ilse, du bist zum Jahresende 2001 nach 31-jähriger haupt- und ehrenamtlicher Arbeit aus dem Landesbüro in Stuttgart ausgeschieden. Wie fühlst du dich nun?

Ich betrachte dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es ist schön, wenn um 6.30 der Wecker nicht mehr rasselt und man endlich auch mal Zeit für sich selbst hat. Aber es tut auch weh, dass meine Arbeit jetzt weitgehend durch den Computer ersetzt wird, denn der hat kein Herz!

Ilse, ich danke dir für das Gespräch.

Biographische Daten: Ilse Werner

Ilse Werner, geb. Steinle, am 7.12.1927 in Stuttgart geboren Besuch der Volksschule von 1934 bis 1942 Pflichtjahr und kaufmännische Lehre bis 1945 bei AEG, Stuttgart Ab 15.7.1945 beschäftigt bei der Rückführungsstelle für ehemalige politische Häftlinge Ab 1948 Sekretärin von Alfred Hausser 1950 – 1956 KPD 1957 – 1967 selbstständige Sachbearbeiterin bei der Hamburg-Mannheimer Versicherung 1968 – 1975 Pflege des schwerst kriegsbesschädigten Ehemannes 1976 – 2001 haupt- und ehrenamtliche Tätigkeit im VVN-BdA Landesbüro, hauptsächlich für Wiedergutmachung, später Mitgliederverwaltung, Beitragseinzug und Entschädigung für Zwangsarbeit. Neben der VVN-BdA ist und war Ilse Werner noch in vielen anderen Organisationen und Vereinen aktiv: bei den Naturfreunden (33 Jahre Leiterin der ersten Stuttgarter Frauengruppe), in der DKP für Orgarbeit, im Waldheim Sillenbuch (Wirtschaftsdienst und 40 Jahre als Revisorin), beim VdK im Stadtteil Schriftführerin, …

Quelle: VVN-BdA Baden Württemberg

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