Stuttgart: Antifaschistische Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht 1938 in Bad Cannstatt

26. Oktober 2014

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Buchenwalddenkmal in Weimar Foto: Rudolf Klein, Schoden [CC-BY-SA-3.0-de], via Wikimedia Commons

Buchenwalddenkmal in Weimar
Foto: Rudolf Klein, Schoden [CC-BY-SA-3.0-de], via Wikimedia Commons

Am 9. November um 15.00 in Bad Cannstatt, Wilhelmsplatz
mit Redebeiträgen von Rainer Redies, Theodor Bergmann (Zeitzeuge) und Liedbeiträgen des Freien Chor Stuttgart

75 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs wissen wir: Es war alles vorbereitet!

Am Abend des 9. November stürmten gut organisierte SA- und SS-Truppen hunderte Synagogen, tausende Geschäfte und Wohnungen und setzen diese auch in Brand. Zehntausende wurden von SS und Gestapo verhaftet, über 100 ermordet.
Der Terror gegen jüdische BürgerInnen, der mit der Machtübertragung an die Faschisten 1933 begonnen hatte, fand damit einen ersten Höhepunkt: Sie wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und letztendlich in den Gaskammern ermordet.
Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, ja sogar Kranke sowie Jugendliche unter 18 Jahren kamen ins Gestapogefängnis Welzheim, aber auch ins KZ Dachau.

Der Jahrestag der Pogromnacht ist für uns Anlass, den Opfern des deutschen Faschismus zu gedenken.

6 Millionen JüdInnen fielen der Shoa zum Opfer, schätzungsweise mehr als 250.000 Sinti und Roma in Europa wurden im Zuge des Rassenwahns gedemütigt und ab 1940 in den Konzentrationslagern interniert und umgebracht.
Unzählige KommunistInnen, SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen und andere AntifaschistInnen wurden bereits ab dem 30. Januar 1933 verfolgt und verhaftet, um frühzeitig jeglichen Widerstand gegen die Faschisten und die hinter ihnen stehenden Herren des Großkapitals zu brechen.
Der deutsche Faschismus entfachte den 2. Weltkrieg im Interesse der deutschen Banken und Konzerne. Schätzungsweis 80 Millionen bezahlten mit ihrem Leben, davon alleine 27 Millionen SowjetbürgerInnen. Europa lag in Trümmern.

Der Jahrestag mahnt uns aber auch, alles dafür zu tun, dass von deutschem Boden „Nie wieder Faschismus und Krieg“ ausgeht.

Anlass zur Mahnung und zum Protest besteht, wenn:
-Es bei 20 Prozent der Bevölkerung weiterhin einen latenten Antisemitismus gibt.

-Gegen den Islam gehetzt und gegen Moscheen demonstriert wird und diese Ziele von Anschlägen werden.

-Angst vor „Flüchtlingsströmen“ und „Armutsmigranten“, insbesondere Sinti und Roma geschürt wird.

-In Europa Rechtspopulisten immer mehr Zulauf haben, die AFD bei Landtagswahlen über 10% der Stimmen bekommt.

-Der vom Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss vorgelegte Abschlussbericht zu dem Schluss kommt, dass die „Häufung falscher und nicht getroffener Entscheidungen und die Nichtbeachtung einfacher Standards den Verdacht gezielter Sabotage und des bewussten Hintertreibens eines Auffindens des rechtsextremen NSU-Trios durch die Behörden zulasse“.

-In ukrainischen Odessa am 2. Mai 2014 rechte Schlägerkommandos AntifaschistInnen in das Gewerkschaftshaus treiben, dieses anzünden, über 100 Menschen ermorden und Medien und Politik schweigen.

-Bundespräsident Gauck am Antikriegstag den Konflikt mit Russland weiter zuspitzt, die sowjetischen Opfer im 2. Weltkrieg verschweigt und offen für noch mehr Kriege mit noch mehr deutscher Beteiligung wirbt.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wieder Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke herhalten müssen und Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Deshalb gilt es zusammen zu halten gegen Faschismus und Rassismus, gegen Sozial- und Demokratieabbau und gegen Krieg.

Die Losung der Gefangenen des KZ Buchenwald, die sich selbst befreien konnten, bleibt deshalb Aufgabe:

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

UnterstützerInnen:
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS); Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart; Antifa Esslingen; „Arbeit Zukunft“ Stuttgart; Cannstatter gegen Stuttgart 21; DGB Stuttgart; DIE LINKE Stuttgart; DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart; Freier Chor Stuttgart; Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart; Grüne Jugend Stuttgart; ISA – Initiative schönes attraktives Vaihingen e.V.; linksjugend [`solid] Stuttgart; Jusos Stuttgart; Piratenpartei Deutschland, Kreisverband Stuttgart; REVOLUTION; SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) Baden-Württemberg; SÖS – Stuttgart – Ökologisch Sozial; ver.di Bezirk Stuttgart; ver.di Jugend Stuttgart; VVN-B dA BaWü: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten; VVN-BdA KV Esslingen; Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen; VÖS – Vaihingen Ökologisch Sozial; Waldheim Gaisburg; Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften

VVN-BdA Baden-Württemberg begrüßt Untersuchungsausschuss

17. Oktober 2014

Verfolgtenorganisation begrüßt die Einrichtung eines NSU – Untersuchungsausschusses

Die VVN-Bund der Antifaschisten ist erleichtert, dass die SPD nun endlich ihren nachhaltigen Widerstand gegen die Einrichtung eines Untersuchungsauschusses zur Untersuchung der ungeklärten Fragen rund um die Verbrechen der faschistischen Terrorgruppe „NSU“ aufgegeben hat.

Gerade in Baden-Württemberg gibt der bis heute letztlich unaufgeklärte Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter viele Fragen auf.

Diese Fragen betreffen sowohl Tathergang und beteiligte Täter sowie das Verhalten und Zusammenwirken der Behörden im Umgang mit dieser Tat als auch die Frage, in wie weit weitere rechtsterroristischen Strukturen im Lande wirksam waren und weiterhin sind.

Es ist kein Wunder, dass die Enquetekommission nun offenkundig gescheitert ist.

Bereits bei ihrer Einrichtung waren sich viele kritische Stimmen im Lande einig, dass sie nur ein zweiter Schritt sein könne. Vor die Erarbeitung von Konsequenzen, die diese Kommission hätte leisten sollen, muß die vollständige Aufklärung der Verbrechen und Strukturen des Rechtsterrorismus einschließlich der Verwicklungen von Geheimdiensten und der unübersehbaren Ermittlungspannen der Strafverfolgungsbehörden erfolgen. Das hatte auch die VVN – Bund der Antifaschisten immer wieder erklärt.

Das jetzt der Weg frei wird zu einem Untersuchungsausschuss entlastet auch die SPD, deren bisherige Ablehnung eines solchen Ausschusses schwer nachvollziehbar war.

Sicherlich hat dieses öffentliche Unverständnis und das Beharren auf der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zur heutigen Entwicklung beigetragen. Auch die VVN-Bund der Antifaschisten hatte Tausende von Unterschriften für diese Forderung gesammelt.

VVN – Bund der Antifaschisten
Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.
Böblinger Str. 195
70199 Stuttgart
tel 0711 603237 fax 0711 600718

Politisch motivierte Anklage gegen den Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA in Dresden zusammengebrochen

17. Oktober 2014

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Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig!

Am Donnerstag, den 16. Oktober 2014, fand in Dresden der Prozess gegen Markus Tervooren, Geschäftsführer der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) statt. Als angeblicher „Rädelsführer“ der erfolgreichen Blockade-Aktionen gegen den Neonaziaufmarsch am 19. Februar 2011 musste er sich vor dem Dresdener Amtsgericht verantworten. Mit Megafon und VVN-BdA Fahne sollte er sich des mehrfachen schweren Landfriedensbruchs schuldig gemacht haben.

Zu seinem Prozess begleiteten ihn zahlreiche Freund*innen und Sympathisant*innen entschiedenen antifaschistischen Engagements. Auch aus Berlin war ein Bus in die sächsische Landeshauptstadt gefahren.

Schon nach zwei Stunden wurde das Verfahren ohne Schuldeingeständnis nach §153a StGB und 500 Euro Geldstrafe eingestellt. Die konstruierte Anklage, die vor allem vom Verfolgungswillen der sächsischen Strafverfolgungsbehörden gegen Antifaschist*innen zeugte, erwies sich als haltlos und selbst Staatsanwältin und Richter zeigten wenig Lust die skandalöse Anklage weiter zu verfolgen. Wir hoffen dies als ein positives Signal werten zu können, dass endlich Schluss ist mit der Verfolgung und Kriminalisierung von Antifaschist*innen, den Versuchen Zivilcourage gegen Neonazis zu delegitimieren und engagierten Menschen das Leben, schwer, mitunter sehr schwer zu machen. Für alle Angeklagten in den zahlreichen Blockade- Prozessen sind die haltlosen Vorwürfe eine große Belastung. Pfarrer Lothar König, Tim Herudek aus Berlin und viele andere Freund*innen wüssten sicherlich besseres zu tun, als sich über viele Jahre mit politisch motivierten Prozessen rumschlagen zu müssen.

Unser Berliner Geschäftsführer Markus Tervooren erklärte dazu: „Die sächsischen Verhältnisse, die es erlaubten, dass jahrelang das Umfeld des NSU ungehindert durch Dresden marschieren konnte, wurden auch am 16. Oktober ein wenig in ihre Schranken gewiesen. Ich bin froh und erleichtert, dass der abstruse und skandalöse Prozess gegen mich eingestellt worden ist. Und ich war überwältigt von der großen Solidarität die mir von so vielen Freund*innen erwiesen wurde. Danke! Danke an alle die mich in der Erklärung Wir stehen hinter den Blockaden” unterstützt haben! Danke an Lothar, danke an das Bündnis Dresden Nazifrei, danke an die Leute, die mich hier in Berlin und in Sachsen unterstützt haben. Danke an meine Anwält*innen! Dieser Schuss aus Sachsen ging nach hinten los! Jetzt wünsche ich mir dringend die Freisprüche für Tim und Lothar! Antifaschismus- alles eine Frage der Einstellung!“

Die Fahne der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten wird weiterhin als „Tatwaffe“ zum Einsatz kommen – überall wo Neonazis aufmarschieren.

Via: Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V [VVN-BdA]

Erfolgreiche Diskussionsveranstaltung der VVN-BdA, KOMMA und Rosa Luxemburg Stiftung zur AfD

5. Oktober 2014

Knapp 50 BesucherInnen kamen im Vorfeld des für den 4. und 5. Oktober in Kirchheim geplanten Landesparteitages der AfD zusammen, um den spannenden Vortrag von Thomas Willms (Berlin), Diplom Politikwissenschaftler und Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA zu verfolgen, der am Dienstag, 30. September im KOMMA Jugend und Kultur in Esslingen stattfand.

Die AfD ist ein Sammelbecken für extrem Konservative bis hin zu extrem Rechten. Mit elitären, populistischen und rückwärtsgewandten Forderungen versuchen sie, einen gesellschaftlichen Rechtsruck voranzutreiben. Mehrere ihrer Funktionäre fallen durch Äußerungen und Aktionen auf, die der Vorstellung von einem solidarischen Zusammenleben aller Menschen fundamental entgegenstehen. So unterscheiden sich viele ihrer Forderungen nicht von denen der faschistischen NPD.

Ihre Erfolgsaussichten scheinen nach den Erfolgen bei drei Landtagswahlen dabei durchaus positiv.

Der wachsende Einfluss der AfD muss durch eine fundierte und ebenso konkrete Kritik zurückgedrängt werden.

In der anschließenden Diskussion wurden unter anderem Fragen zur Ursache und Anlass der Gründung der AfD, über ihre Gründer und Macher sowie ihre Mitglieder und deren Verbindungen zur radikalen Rechten behandelt.

Die bürgerlichen Parteien suchen dabei offenbar weniger die Konfrontation mit der AfD sondern weichen dieser aus, was unter anderem am Beispiel des von den TeilnehmerInnen der Veranstaltung durchweg kritisierten Verhaltens der Kirchheimer Stadtverwaltung diskutiert wurde.

Die TeilnehmerInnen begrüßten die Initiative einer Reihe von demokratischen und antifaschistischen Organsiationen, unter anderem dem örtlichen DGB, den Jusos zu einer Protestkundgebung am 4. Oktober in Kirchheim aufzurufen. Sie waren sich darin einig, dass dies nur ein erster Schritt sein kann, den notwendigen politischen Druck aufzubauen, um der AfD entgegenzutreten.

Offener Brief gegen den AfD Parteitag in Kirchheim

1. Oktober 2014

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afd_KirchheimAm 4. und 5. Oktober plant die Alternative für Deutschland (AfD) ihren Landesparteitag in der Kirchheimer Stadthalle.

Die recht junge Partei, die in mehreren Bundesländern Wahlerfolge erzielen konnte, ist ein Sammelbecken für extrem Konservative bis hin zu extrem Rechten. Mit elitären, populistischen und rückwärtsgewandten Forderungen versuchen sie, einen gesellschaftlichen Rechtsruck voranzutreiben. Mehrere ihrer Funktionäre fallen durch Äußerungen und Aktionen auf, die der Vorstellung von einem solidarischen Zusammenleben aller Menschen fundamental entgegenstehen. So unterscheiden sich mehrere ihrer Forderungen kaum von denen der faschistischen NPD.

Es ist nicht akzeptabel, dass die Kirchheimer Stadtverwaltung einer solch fortschrittsfeindlichen Veranstaltung Raum gibt. Mit zahlreichen Redebeiträgen, Infoständen und internationaler Musik wollen wir unseren Protest auf die Straße tragen. Kommt am Samstag, den 04.10. ab 10 Uhr zum Postplatz und zeigt dass in Kirchheim kein Platz für Rechtspopulismus ist!

Offener Brief gegen den AfD Parteitag in Kirchheim

Gemeinsam gegen rückwärtsgewandte Politik

Am 4. und 5. Oktober findet der Landesparteitag der baden-württembergischen „AfD“ in der Kirchheimer Stadthalle statt. Die Partei kündigt die Veranstaltung schon seit einiger Zeit öffentlich im Internet und im Kreise ihrer Mitglieder an.

Anfangs gab sich die AfD noch den Anstrich einer reinen Anti-Euro-Partei. Inzwischen zeigt sich jedoch ihr wahres Gesicht. Sie legt immer größere Schnittmengen mit Parteien an den Tag, welche am rechten Rand des politischen Spektrums agieren.

Kirchheim ist eine weltoffene Stadt, hier leben und arbeiten Menschen aus vielen verschiedenen Ländern, hier sind Kulturvereine verschiedener Nationalitäten beheimatet.

Die sich selbst als „liberal“ bezeichnende Partei „Alternative für Deutschland“ steht jedoch für das genaue Gegenteil von solidarischer Vielfalt. Sie versucht mit stark an die neofaschistische NPD erinnernden Parolen, wie: „Einwanderung ja, aber nicht in unsere Sozialsysteme!“ oder „Mut zur Wahrheit. Wir sind nicht das Sozialamt der Welt!“ Stimmung gegen Flüchtlinge und Einwanderer zu betreiben, und rechte Ressentiments wieder salonfähig zu machen.

Hört man sich an was Bernd Lucke, der Parteigründer und einer von drei Parteisprechern, zu sagen hat, wird die Nähe zum rechten Rand mehr als deutlich. So bedient er sich einer durchweg rechten Rhetorik, wenn es um Minderheiten, wie etwa Sinti und Roma geht. Ganz offen verkündet er: „Das Problem sind eher Randgruppen wie Sinti und Roma, die leider in großer Zahl kommen und nicht gut integrationsfähig sind.“

Phrasen wie diese vermitteln ein völlig falsches Bild der in unserer Gesellschaft lebenden Migranten und tragen dazu bei, diese Hetze in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren.

Doch nicht nur beim Thema Flüchtlingspolitik versucht die AfD Ressentiments zu schüren, auch bei der Hetze gegen alternative Lebensformen spielt die AfD eine tragende Rolle. So treten sie als Mitorganisatoren, zusammen mit christlichen Fundamentalisten und zum Teil extrem rechten Kräften bei den, in Stuttgart regelmäßig stattfindenden Demos gegen den baden-württembergischen Bildungsplan 2015 auf, um ihr reaktionäres Gedankengut zu verbreiten. Der aufgrund der rechten Proteste inzwischen aufgeschobene Bildungsplan sah vor, sexuelle Vielfalt auch im Schulunterricht zu thematisieren.

Zudem forderten einflussreiche Mitglieder der AfD, dass Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, das Wahlrecht entzogen werden soll. Mit Aussagen wie: „Dann bilden sie eine Art sozialen Bodensatz – einen Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt.“, formen sie das Bild von einer Gesellschaft, in der Menschen erst durch ihren marktwirtschaftlichen Nutzen auch soziale Anerkennung verdienen. Sogar vor kruden Forderungen wie der, dass „Hartz4-Empfänger“ zur Existenzsicherung doch ihre Organe verkaufen könnten, schrecken einzelne Funktionäre nicht zurück.

Wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich der AfD entgegenzustellen und klar zu machen, dass weder in Kirchheim noch sonst irgendwo Platz für das rechtspopulistische Gedankengut der AfD ist!

Wir appellieren an die demokratische Öffentlichkeit, am Samstag den 04.10. ab 10 Uhr zum Postplatz zu kommen und zusammen mit uns und zahlreichen Redebeiträgen, Infoständen und internationaler Musik den Protest auf die Straße zu tragen.

Antifaschistische Aktion Esslingen

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

DGB Ortsverband Kirchheim Teck

Die LINKE Ortsverband Kirchheim Teck

Die LINKE Kreisverband Esslingen

Halkevi Volkshaus Kirchheim Teck e.V.

Juso Kreisverband Esslingen

Offenes antifaschistisches Bündnis Kirchheim Teck (oaB)

Rems-Murr Nazifrei

VVN Kreisverband Esslingen

VVN Landesverband Baden-Württemberg

Keine Stadthalle für Rechtspopulisten! Gegen den AfD Landesparteitag in Kirchheim Teck!

28. September 2014

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Am 4. und 5. Oktober plant die Alternative für Deutschland (AfD) ihren Landesparteitag in der Kirchheimer Stadthalle. Die recht junge Partei, die in mehreren Bundesländern Wahlerfolge erzielen konnte, ist ein Sammelbecken für extrem Konservative bis hin zu extrem Rechten. Mit elitären, populistischen und rückwärtsgewandten Forderungen versuchen sie, einen gesellschaftlichen Rechtsruck voranzutreiben. Mehrere ihrer Funktionäre fallen durch Äußerungen und Aktionen auf, die der Vorstellung von einem solidarischen Zusammenleben aller Menschen fundamental entgegenstehen. So unterscheiden sich viele ihrer Forderungen nicht von denen der faschistischen NPD. Mit zahlreichen Redebeiträgen, Infoständen und internationaler Musik wollen wir unseren Protest auf die Straße tragen. Kommt am Samstag, den 04.10. ab 10 Uhr zum Postplatz und zeigt dass in Kirchheim kein Platz für Rechtspopulismus ist!

Aktuelle Informationen zu den Gegenprotesten zum AfD Landesparteitags gibt es unter oab-kirchheim.jimdo.de.

UnterstützerInnen:

Antifaschistische Aktion Esslingen

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart

Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

DGB Ortsverband Kirchheim Teck Die LINKE Ortsverband Kirchheim Teck

Die LINKE Kreisverband Esslingen

Halkevi Volkshaus Kirchheim Teck e.V.

Juso Kreisverband Esslingen

Offenes antifaschistisches Bündnis Kirchheim Teck (oaB)

Rems-Murr Nazifrei

VVN Kreisverband Esslingen

VVN Landesverband Baden-Württemberg

Siehe auch:

Wo bleibt der Aufschrei?

19. September 2014

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Hinter uns steht eine viel größere Bühne, auf der die Bundeskanzlerin heute Nachmittag zum Thema „Nie wieder Judenhass in Deutschland“ sprechen wird. Der Grund dafür sind antisemitische Äußerungen, die man in den vergangenen Wochen auf deutschen Straßen hören und lesen konnte und Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Dass es deshalb einen Aufschrei gibt, ist richtig und wichtig.
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Allerdings frage ich mich, wo dieser Aufschrei blieb, als im vergangen Jahr in ganz Deutschland, in jedem Winkel, die Plakate hingen, von denen Petra Rosenberg vorhin gesprochen hat. (Sie sprach NPD-Plakate mit dem Slogan „Gas geben“.) Wo blieb die Intervention der Politik, als sämtliche Anzeigen wegen Volksverhetzung, die von den verschiedenen Vertretungen der Sinti und Roma flächendeckend erstattet worden sind, von deutschen Gerichten zurückgewiesen wurden, weil z. B. der Text „Mehr Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ auch ein „Meinungsbeitrag“ zur Verteilung knapper öffentlicher Mittel sein könnte?

Da gab es keinen Aufschrei und kein Wort von der Kanzlerin. Das ist ein Skandal!

Als das Mahnmal vor nun fast 2 Jahren eingeweiht wurde, dankte die Bundeskanzlerin Romani Rose für seinen 20 Jahre währenden Kampf um dieses Mahnmal. Das war schon eine besondere Qualität, die langjährige Verweigerung und den hinhaltenden Widerstand mehrerer Bundesregierungen schön zu reden.

In den ersten Jahren wurde darüber diskutiert, dass es keine verlässliche Zahl für die Opfer dieses Völkermords gäbe. Gewissermaßen wurden so die Überlebenden und Nachkommen dafür verantwortlich gemacht, dass der Holocaust an den Sinti und Roma bis heute nur mangelhaft erforscht wurde. Die letzten 5 Jahre wurde eine Debatte darum geführt, ob nicht doch der Begriff „Zigeuner“ auf den Tafeln des Mahnmals verwendet werden sollte.

Ich bin häufig bei Veranstaltungen und Gesprächsrunden mit Sinti und Roma anwesend und es bleibt nie aus, dass irgendein Bekloppter die Frage stellen muss, warum man denn nicht mehr „Zigeuner“ sagen darf. Wenn dann die Antwort lautet, dass Menschen, die dieses Wort nur als Schimpfwort kennen, es nicht mehr hören wollen, kann es passieren, dass jemand seine Sorge äußert, dass das Verschwinden dieses Wortes zur „Verarmung der deutschen Sprache“ führe, er selbst habe so viele romantische Kindheitserinnerungen, die damit verbunden seien.

In diesem Sinne stellt das Mahnmal auf keinen Fall einen Endpunkt dar, sondern muss als Bezugspunkt für die weitere Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen Antiziganismus begriffen werden.

An dem Tag, an dem das Denkmal eingeweiht wurde, hatte dort eine Gruppe junger Sinti und Roma Jutetaschen umgehängt, auf denen geschrieben stand: „67 Jahre zu spät“.

Das waren 67 Jahre, in denen die Überlebenden von Deportation und Völkermord erleben mussten, dass sie in der postfaschistischen Gesellschaft kein Mitleid zu erwarten hatten, keine Reue, keine Scham. Niemand hat sie je um Verzeihung gebeten.

An den Verhältnissen, die die Deportation möglich gemacht hatten, hatte sich nichts geändert:
– Die 1899 in München gegründete „Zigeunerzentrale“, die 1939 nach Berlin verlegt und dort dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) eingegliedert worden war, wurde 1946 nach der Zerschlagung der faschistischen Institution wieder als „Zigeunerstelle“ nach München zurück verlagert.
Bis 1970 wurden dort alle Sinti und Roma kriminaltechnisch erfasst.

– Bereits 1948 wurde in Baden-Württemberg wieder ein „Leitffaden zur Bekämpfung des Zigeuner-Unwesens“ erlassen.

– Noch 1956 urteilte der Bundesgerichtshof, die Verfolgung der sinti und Roma sei nicht rassistische begründet gewesen, sondern als „kriminalpräventive Maßnahme“ zu betrachten.

Erst 1982 – nach einem Hungerstreik junger Sinti und Roma in Dachau – erkannte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt an, dass es einen Völkermord an den Sinti und Roma gegeben hatte.

Da waren viele der Überlebenden schon gestorben.

Wer heute in Entschädigungsakten von Sinti und Roma recherchiert und nicht völlig verroht ist, dem treten Tränen der Trauer und der Scham in die Augen. Was Gutachter, Ämter und Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland den Überlebenden entgegenhielten, macht fassungslos. Das geht weit über die Leugnung, Verdrängung und Rechtfertigung hinaus, die die Verfolgten des Naziregimes ja auch aus allen anderen Zusammenhängen kennen und ist der personellen Kontinuität der dort Tätigen geschuldet:
Wie der Leiter der „Rassehygienischen Forschungsstelle“, Robert Ritter, wurden viele ehemalige Mitarbeiter_innen des RSHA ebenso wie diejenigen der Münchner „Zigeunerstelle“ als “Experten“ für die „Wiedergutmachungs“-Anträge von Sinti und Roma tätig.

Der über Jahrhunderte entwickelte und tradierte Antiziganismus, der den Sinti und Roma an allen Ecken entgegenschlägt, ist heute nicht weniger grausam als in den 1920er oder 1950er Jahren. Statt ihm entgegenzutreten, statt Menschen, deren unvorstellbarem Leid hier ein Denkmal gesetzt wurde, Schutz zu gewähren, statt die Verantwortung wahrzunehmen, von der Frau Merkel bei seiner Einweihung sprach, schüren deutsche Politiker das Ressentiment des Stammtischs und – auch das muss gesagt werden: der Salons – in Worten und Taten.

An dem Tag, an dem das Mahnmal eingeweiht wurde und die Bundeskanzlerin von Verantwortung sprach, sprach der Innenminister Friedrich in die Mikrophone der Bundespressekonferenz, dass Deutschland vor der Zuwanderung von „Armutsflüchtlingen“ in seine Sozialsysteme geschützt werden müsse. Er wolle dafür Sorge tragen, dass die EU die Freizügigkeit für Menschen aus Bulgarien und Rumänien wieder aufhebe.
Man muss nicht „Roma“ sagen, damit alle wissen, dass Roma gemeint sind, vor denen der deutsche Sozialstaat geschützt werden müsse.

In den Tagen, als hier das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas eingeweiht wurde, wurden hunderte ihrer Nachkommen aus Deutschland abgeschoben.

Deutsche Politiker hatten von Anfang an die Zerstörung der Bundesrepublik Jugoslawien und die Anerkennung ihrer ethnisch konstruierten Nachfolgestaaten gefördert. Mit einem unglaublich zynischen „Nie wieder Auschwitz“ haben deutsche Bomben und deutsche „Schutztruppen“ dazu beigetragen sie zu stabilisieren. Die ersten Opfer der neuen Staaten waren die Roma, die überall vertrieben wurden.

Kriegsflüchtlinge, die nach Deutschland kamen, mussten z. T. länger als 20 Jahre mit einer „Duldung“ leben, die je nach politischer Situation für Tage, Wochen oder Monate, maximal für ein halbes Jahr verlängert wurde. Ihr Aufenthalt war auf einen Ort beschränkt, sie hatten nur eingeschränkt Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung und nahezu keinen Zugang zu Arbeit und Ausbildung.

Und als Auswärtiges Amt und Innenministerium der Meinung waren, nun sei in den ex-jugoslawischen Staaten „Normalität“ eingekehrt, sollten sie in ihre „Heimatländer“ zurückkehren, die es gar nicht gab. Ihre Heimat war die Bundesrepublik Jugoslawien gewesen. Die Situation, die die aus Deutschland Abgeschobenen in Serbien, Kroatien, Montenegro erwartet, ist bekannt und vielfach dokumentiert.

Als an dem Tag, an dem das Mahnmal eingeweiht wurde und die Kanzlerin von Verantwortung sprach, eine Gruppe junger Roma mit Schildern und Rufen an die Abgeschobenen erinnerte, wurden sie vom Zeremonienmeister zurechtgewiesen: das sei an diesem Tag kein Thema!

Die Aufnahme Serbiens, Bosniens und Mazedoniens in die Liste „sicherer Herkunftsländer“ erlaubt nun ihre Abschiebung ohne Prüfung ihres Falls – trotz bekannter Diskriminierung, Ausgrenzung und ständiger Bedrohung.
Das ist ein unerhörter Skandal!

Verantwortung wahrzunehmen, hieße im Fall der Flüchtlinge, sie so aufzunehmen, wie man in den 1990er Jahren jüdische Nachkommen der Holocaust-Opfer aus der zerfallenen Sowjetunion aufgenommen hat. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.

Wir werden uns auch weiter dafür einsetzen, dass endlich Schluss gemacht wird mit der Diskriminierung und Stigmatisierung der Sinti und Roma in Deutschland;
Wir unterstützen Initiativen zur Anerkennung ihrer Kultur, ihrer Sprache und ihrer Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe an dieser Gesellschaft, die eben auch ihre Gesellschaft ist.

Und wir unterstützen die Initiativen, die darauf zielen, dass Volksverhetzung auch Volksverhetzung genannt wird, dass sie unterbunden und die Partei, von der sie ausgeht, endlich verboten wird!

Quelle: Bundesvorstand der VVN-BdA

Veranstaltung: Frischer Wind bei alten Rechten? AfD – Die „Alternative für Deutschland“?

21. August 2014

Flyer Vorderseite

Mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD) erreicht der europaweite Trend zur Bildung antieuropäischer, fremdenfeindlicher und marktradikaler Bewegungen und Parteien in rasanter Geschwindigkeit auch Deutschland. In der Region Stuttgart fanden seit Anfang des Jahres Proteste einer rechten Allianz vorgeblich gegen den Bildungsplan der grün-roten Landesregierung statt. Bei diesen Protesten spielten Kräfte aus dem nationalistischen und wertkonservativen Flügel der Partei eine maßgebliche Rolle. So rief Beatrix Storch, vierte der AfD-Liste zur Europawahl entsprechend dem Wahlkampfmotto „Klassische Bildung statt Multikulti-Umerziehung“ massiv zu den Demonstrationen auf und stellte mit ihren Vereinen und Netzwerken die logistische und politische Infrastruktur zur Verfügung.

Was sind Ursache und Anlass zur Gründung der AfD? Wer sind ihre Gründer und Macher? Woher kommen ihre Mitglieder und was verbindet sie? Welchen Platz in der politischen Landschaft wollen sie besetzen und wie sind die Erfolgsaussichten? Und was kann man dagegen tun?

Vortrag und Diskussion mit:

Thomas Willms (Berlin), Diplom Politikwissenschaftler und Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA

30. September – 19:00 Uhr
Ort: KOMMA Jugend und Kultur, Maille 59 73728 Esslingen

Eine Veranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) in Kooperation mit KOMMA – Jugend & Kultur und der Rosa Luxemburg Stiftung

Frischer Wind bei alten Rechten?

19. August 2014

Die „Alternative für Deutschland“

Die erst Anfang 2013 gegründete neue rechte Partei „Alternative für Deutschland“ ist mit sieben Abgeordneten ins Europäische Parlament eingezogen und arbeitet mit auffällig vielen Wahlplakaten, Fernsehauftritten und einer intensiven Präsenz in den sozialen Netzwerken des Internets auf die Landtagswahlen dieses Jahres hin.

Aufklärung über Herkunft, Methoden und Ziele der AfD sind also dringend nötig.

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Ihre Erfinder

Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist die Erfindung einer kleinen Gruppe von Angehörigen der sogenannten Elite. Vorrangig handelt es sich um Volkswirtschaftsprofessoren, Unternehmer, frühere Führungskräfte der CDU und FDP sowie Adelige, die sich Anfang 2013 als eurokritische „Alternative“ zum bisherigen Parteienspektrum erklärten.

Die Angehörigen dieser Clique sind gut vernetzt und weit davon entfernt, eine Alternative zum wirtschaftlichen und politischen System zu sein.

Die politische Legitimation der AfD bestand bei der Gründung ausschließlich in der Behauptung, fortan für „den Bürger“ sprechen zu wollen. Im Gegensatz zur Situation anderer neuer Parteien scheint es von Anfang an nicht an Geld gefehlt zu haben.

Berichtet wird über Fundraising-Dinner in Industriellenkreisen, je ein Darlehen über 1 Million Euro durch den Reeder Folkard Edler und den früheren Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie Hans-Olaf-Henkel und über Beziehungen der AfD zum „Verband der Familienunternehmer“.

(Tagesspiegel, 6.5.2014)

Ihr Konzept und die Mitglieder

Aus dem Verhalten der AfD-Spitze kann man auf ihr Konzept schließen, das offensichtlich aus der Analyse des bisherigen Scheiterns rechtspopulistischer Parteien in Deutschland entstanden ist. Aus Sicht der Führung besteht das Erfolgskonzept darin, das Rechtspopulismus-Stigma auf jeden Fall zu vermeiden, „unbelastetes“ Führungspersonal aufzustellen, sich mit sehr einseitig verstandener „Kompetenz“ zu schmücken, sich auf rechtspopulistische Netzwerke zu stützen, intensive Medienbeziehungen zu pflegen, von vornherein eine hohe Finanzierung zu realisieren und von einem Einstiegsthema (Euro-Rettung) aus das „Sarrazin-Themenspektrum“ zu erschließen.

Die Themen und Thesen des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin kann man gut und gerne als das heimliche Parteiprogramm der AfD verstehen: faule Ausländer, ungehorsame Kinder, Männer müssen Männer sein, arme Menschen sind undankbar, Polizei muss härter durchgreifen und Deutschland seine Interessen endlich einmal ernsthaft vertreten.

Dem Gründungsaufruf folgten innerhalb kurzer Zeit etwa 17.000 Mitglieder, bei denen es sich weit überwiegend um ältere, eher wohlhabende Männer handelt. Zur Gründung von oben kommt also eine Gründung von unten hinzu. Die Ziele und Interessen dieser schlagartig entstehenden Mitgliedschaft und Funktionärsschicht sind nicht deckungsgleich mit denen der Führung, was zu beispiellosen internen Auseinandersetzungen führt.

Auf der Überholspur versuchen viele an die Fleischtöpfe der Parlamente zu gelangen, die gleichzeitig so vehement abgelehnt: Heuern und Feuern, Hauen und Stechen sind in der AfD gang und gäbe.

Die AfD ist unter anderem ein Sammelbecken von Mitgliedern und Funktionären früherer Parteigründungsversuche, insbesondere des „Bundes Freier Bürger (BFB)“, der „Freiheit“ und der „Freien Wähler“. Einige ihrer neu aufgestellten Landesvorstandsmitglieder fallen durch öffentliche Äußerungen auf, die ein rechtsextremes Weltbild vermuten lassen. Der tatsächlich autoritäre Stil der Parteiführung wird parteiintern durch Methoden der direkten Demokratie kaschiert, deren Ergebnisse deutlich machen, dass die Mitgliedschaft Positionen zuneigt, die eher noch rechter sind, als die von der Führung öffentlich ausgegebenen.

Darüber hinaus wird die Formierung der AfD intensiv durch ein rechtes Mediennetzwerk begleitet, kommentiert und gefördert, namentlich die „Junge Freiheit“, „eigentümlich frei“, „Blaue Narzisse“ und die „Preußische Allgemeine Zeitung“. Diese Publikationen nehmen durch Interviews mit ihnen genehmen Funktionären der Partei Einfluss auf die Entwicklung der AfD. Bewunderung für deren Anführer Lucke geht einher mit der Lancierung scharfer nationalistischer, autoritärer und ausländerfeindlicher Standpunkte.

Ihr Platz in der Politik: Offen nach Rechts

Die AfD ist eine rechte Partei zwischen CDU/CSU und NPD. Ihr Ziel ist es, dieses politische Feld neu zu ordnen und ähnlich wie in anderen europäischen Ländern eine neue „unbelastete“ Artikulationsbasis für rechte Ideologie-Elemente zu bilden.

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Plakatwettbewerb NOAFD

Ob sich die AfD politisch-ideologisch vorrangig als konservativ, evangelikal, rechtspopulistisch, rechtsextrem oder neofaschistisch aufstellen wird, ist noch unklar.

Das muss für sie zur Zeit kein Nachteil sein. Unterschiedliche Spektren können sich angesprochen fühlen.

Sie beeinflusst bereits jetzt die CDU/CSU, indem sie z.B. in der CSU die Bildung eines „Konservativen Aufbruch. CSU-Basisbewegung für Werte und Freiheit“ provoziert hat, in der die AfD als möglicher Partner gehandelt wird. Führungspersonen der CDU/CSU wie z.B. Wolfgang Bosbach erklären, dass man auf die AfD zugehen solle.

Einige Beispiele für die rechtsextreme Gesinnung von AfD-Funktionären:

„Die Vereinigten Staaten von Europa (…) haben die Abschaffung der Staatlichkeit Deutschlands und des Grundgesetzes zum Ziel. (…) Sie ist (…) einer neomarxistischen Internationale zuzuordnen, welche die europäischen Nationen durch politische Gleichschaltung und die europäischen Völker durch Massenmigration aufheben will.“ (Der baden-württembergische AfD-Funktionär Jan Czada am 22.10.13, http://europablog.net/post/64788175211/die-afd-eine-partei-rechts-der-mitte)

Zurücktreten musste der 2. Stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternativen, da er Mitglied der Burschenschaft Danubia ist. Die Danubia wird vom selbst vom bayrischen Verfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingestuft. (Pressemeldung der JA, 1.4.2014)

Sich entschuldigen und als Pressesprecher und stellvertretender sächsischer Landesvorsitzende zurücktreten musste Thomas Hartung. Er hatte hartnäckig behinderte Menschen auf seiner Facebook-Seite beleidigt. (Pressemeldung der AfD, http://www.alternativefuer.de/thomas-hartung-entschuldigt-sich-oeffentlich/)

Ausländerfeindlich getwittert hatte ein Mitglied der AfD Rhein-Sieg. Es handelte sich um das Foto eines amerikanischen Ureinwohners in Kombination mit den Sätzen: „Die Indianer konnten die Einwanderung nicht stoppen. Heute leben sie in Reservaten“. Von dieser typisch rechtsextremen Analogie distanzieren musste sich sein Kreisverband. (Pressemeldung AfD, 21.06.2014)

Aber auch die offiziellen Dokumente geben genug Raum für rechtsradikale Interpretation. Die AfD erklärt, für ein „offenes und ausländerfreundliches Deutschland“ einzutreten. Sie fordert aber, dass Sozialleistungen „nur solche Zuwanderer erhalten, die in erheblichem Umfang Steuern bzw. Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt haben oder deren Eltern das getan haben.“

Da das aber logisch gar nicht möglich ist, wird die nächste Forderung fällig, in der heißt: „Wenn Zuwanderer in Deutschland keine ausreichenden Mittel …zur Verfügung haben, müssen sie in ihre Heimat zurückkehren.

Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 15)

 

Was wirklich gemeint ist, machte Bernd Lucke in einer Talk-Show deutlich:

sich leisten können

Plakatwettbewerb NOAFD

„Es kann nicht sein, dass wir wie ein Magnet Menschen anziehen, die dann hier nur eine Art sozialen Bodensatz der Gesellschaft formen werden. (Bernd Lucke, 30.08.13, zitiert nach Süddeutsche Zeitung ,13.09.13)

Die AfD trägt ihre Kritik an den politischen Eliten, der angeblich schädlichen Einwanderung und dem Kurs der Europäischen Union in pauschaler, beleidigender und irreführender Form vor.

Beispielhaft wird dies daran, dass sie politische Konkurrenten pauschal als „Altparteien“ diffamiert (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14)

Plakate und Aktivitäten von AfD-Gliederungen gehen in die gleiche Richtung. AfD-Funktionäre fielen durch die Forderung nach einer „Deutschquote“ für Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Unterstützung homophober Unterschriftensammlungen oder die pauschale Ablehnung der Türkei als mögliches Mitglied der EU auf.

Ihr Plan für Europa: Hungerlöhne und Sozialabbau

Eine zentrale Behauptung der AfD lautet, deutsche Interessen würden in der EU zu wenig berücksichtigt und seien deshalb fortan aggressiver durchzusetzen. Sie zieht sich durch zahlreiche Dokumente und Aussagen ihrer Funktionäre. Eine zweite Argumentationslinie unterstellt, eine quasi-parasitäre Unterschicht, sowohl deutscher als auch nicht-deutscher Herkunft hierzulande, die zur Raison zu bringen sei.

Eine sich daraus ergebende doppelte Frontstellung wird behauptet. Der Bürger sei gefangen im „Zangengriff“ aus „nationalen und internationalen Bürokraten und Konzernen“ einerseits und einer „ausufernden Sozialindustrie“ andererseits, so Marc Jongen, stellvertretender Landesvorsitzender in Baden-Württemberg (Cicero, 22.01.14)

Prominente AfD-Abgeordnete des Europäischen Parlaments stehen für einen explizit gewerkschaftsfeindlichen und marktradikalen Kurs, so z.B. Joachim Starbatty, ehemals BFB und Aktivist der „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft“.

Kritik richtet sich gegen die Europäische Union und die Parteien in Deutschland, die diese stützen, indem die AfD ihnen vorwirft nicht umfassend genug und nicht stark genug die Interessen deutscher Unternehmen zu vertreten.

Man möchte sich das Beste aussuchen. Der europäische Binnenmarkt wird ausdrücklich gefordert, weil die deutsche Wirtschaft von ihm maßgeblich profitiert. Seine „negativen“ Effekte möchte man aber ausgrenzen, abschieben und draußen halten.

Darüber hinaus fordert die AfD die Verschärfung der Zwänge und des Druckes auf die erwerbstätigen und insbesondere die nicht erwerbstätigen Menschen. Ihr Ziel ist allem Anschein nach die völlige Unterwerfung menschlichen Handelns und Lebens unter das Diktat angeblicher Wirtschaftlichkeit, verstanden als die ungebremste Zurichtung der arbeitenden Menschen auf die Interessen der Unternehmen.

Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, schreibt die AfD. Nur richten sich die von ihr geforderten Maßnahmen gegen die Interessen der arbeitenden und arbeitslosen Menschen. Die AfD ist gegen den Mindestlohn, gegen erkämpfte Rechte der Beschäftigten, die als „Bestandsschutz“ diffamiert werden. Der Sozialstaat soll weiter abgebaut werden.

Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S.14,15, 18)

In ihrem Bemühen die Profitinteressen von Unternehmen zu bedienen, verweigert sich die AfD sogar international wissenschaftlich erforschten Zusammenhängen wie der Erkenntnis vom Klimawandel. (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 19)

Download des Flyers: W_Flyer_VVN_AfD_0714

Täter verurteilen — Opfer entschädigen!

8. August 2014

Tatort Sant’Anna di Stazzema, August 1944 — Nach 70 Jahren: NS Opfer setzen Klageerzwingung gegen Nazi-Kriegsverbrecher durch.

Der SS-Mann Gerhard Sommer aus Hamburg-Volksdorf muss sofort vor Gericht gestellt werden!

Nicht zum ersten Mal ist es nicht den deutschen Ermittlungsbehörden, sondern nur den überlebenden NS-Opfern und ihren Angehörigen zu verdanken, dass NS-Täter in Deutschland zur Verantwortung gezogen werden können!

Im August 1944 ermordeten Angehörige der 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer SS“ im italienischen Dorf Sant’Anna di Stazzema 560 Menschen. Einer der Täter war der heute in Hamburg lebende damalige Kompanieführer Gerhard Sommer.

Jahrzehntelang war das Massaker in Deutschland und Italien straflos geblieben. Im Juni 2005 verurteilte das Militärgericht von La Spezia zehn angeklagte ehemalige SS-Offiziere zu lebenslangen Haftstrafen und Entschädigungszahlungen. Das Urteil stellte fest: Das Massaker von Sant’Anna war eine geplante Mordaktion. Die Verurteilten verfügten über Befehlsgewalt, sie haben verbrecherische Befehle zum Mord ausgegeben oder selbst exekutiert. In La Spezia wurde jedoch in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt, da die Bundesrepublik Deutschland keine Deutschen ausliefert.

Die deutschen Strafverfolgungsbehörden, in diesem Fall die Staatsanwaltschaft Stuttgart, blieben jedoch bei ihrer Jahrzehnte langen Strategie der Ermittlungsverschleppung und Strafvereitelung.

Nach jahrelanger „Ermittlungsarbeit“ stellte sie die Ermittlungen 2012 ein, da das Massaker keine „von vornherein geplante und befohlene Vernichtungsaktion gegen die Zivilbevölkerung“ gewesen sei.

Dieser Auffassung widersprachen die Angehörigen der Opfer von Sant’Anna di Stazzema. Ihre Anwältin Gabriele Heinecke stellte im Namen von Enrico Pieri, dem Sprecher der Überlebenden des Massakers, einen Klageerzwingungsantrag beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe und gewann. Zuvor waren historische Gutachten und Zeugenaussagen eingeholt worden. Jetzt hat das OLG dem Antrag stattgegeben, eine juristische und moralische Niederlage für Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten bedankt sich aufs herzlichste bei Enrico Pieri, Gabriele Heinecke und allen, denen dieser Erfolg zu
verdanken ist. Für die überlebenden Opfer des Faschismus ist dieses Urteil eine späte Genugtuung.

Jetzt ist die Hamburger Staatsanwaltschaft gefordert!

Noch leben weitere Mörder und Kriegsverbrecher mitten unter uns!

Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!

(Aus dem Schwur von Buchenwald)

Quelle: Presseerklärung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten 8.8.2014

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